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Review article

Die Mediation vor der Ehescheidung: kroatisches Recht und europäische Lösungen

Irena Majstorović


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page 405-456

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Abstract

Die Mediation genießt heute als familienpolitisches Thema wie auch für die Gesetzgebung beziehungsweise den Staat im weiteren Sinne keine Priorität. Vielmehr scheint letzterer eine recht defensive Einstellung zu Fragen im Zusammenhang mit Familie und Ehe und auch der Eheauflösung eingenommen zu haben. Ehescheidung und Familienstreitsachen stellen allgemein eine parallele Welt dar, von der die Betroffenen eher ungern sprechen. Die Schwierigkeiten und die diesbezügliche Scham verlassen gewöhnlich nicht die eigenen vier Wände und treten bestenfalls während der hinter geschlossenen Türen stattfindenden Mediation zutage. Es gibt auch keine starke Mediatorenlobby oder gar eine Lobby von Ehepartnern, die mit der Mediation zufrieden waren und dieses Verfahren fördern wollen, wie dies bei anderen Interessensgruppen der Fall ist. Man könnte sagen, dass bisher eine verhältnismäßig begrenzte Gruppe von Bürgern ein Mediationsverfahren durchlaufen hat. Zu einer solchen Denkweise könnte sicherlich die niedrige Scheidungsrate veranlassen, die in Kroatien bereits seit Jahren bei etwa 1 liegt. Diese Angabe lässt sich allerdings auch anders ausdrücken, wenn man die so genannte konjunkturelle Scheidungsrate zugrunde legt, nach der in Kroatien jede fünfte Ehe geschieden wird, was die Bedeutung beziehungsweise die Wertschätzung der Mediation erheblich beeinflusst, da in der vergangenen Zeit Tausende von Bürgern an diesem Verfahren teilnahmen. Selbst wenn dem nicht so wäre, darf unseres Erachtens der Regelungsbedarf für einen bestimmten Rechtsbereich nicht in erster Linie anhand der Anzahl der betroffenen Personen beurteilt werden. Das Interesse der Rechtssicherheit erfordert gerade das Gegenteil. Daher ist die Erhaltung jeder einzelnen Ehe die Bemühungen wert, unabhängig von den (scheinbaren) Kosten, die ein solches Verfahren verursachen kann. Wert und Sinn der Mediation oder, breiter gefasst, sämtlicher alternativer Streitschlichtungsverfahren in allen Rechtsgebieten sind unzweifelhaft. Das Verfahren der Familienmediation ist in besonderer Weise wertvoll, wenn wir den proklamierten Grundsatz des Schutzes der Familie vor Augen haben. Das Verfahren der Familienmediation in seiner im aktuellen kroatischen Familienrecht vorgesehenen Form selbst erfordert trotz allem gewisse Vervollkommnungen, insbesondere im Lichte der beschriebenen europäischen Anforderungen. Fragwürdig sind, wie oben bereits beschrieben, vor allem Status, Finanzierung und Zusatzqualifikation der Mediatoren sowie die Stellung der Kinder während des Mediationsverfahrens. Wenn der Staat diese Zweifel aus dem Weg räumte, würde dies unserer Überzeugung nach auch das allgemeine Verständnis von der Mediation verändern und folglich auch die Anerkennung ihrer Bedeutung. Der Mediator hat keinerlei rechtlichen Befugnisse, die eine Mitarbeit der Parteien gewährleisten könnten. Es sollte aber ein Klima geschaffen werden, in dem die Ehepartner bereit sind, bei der Mediation mitzumachen, selbst wenn diese nicht auf eine Vereinbarung hinauslaufen sollte. Wir sind der Auffassung, dass schon eine richtig durchgeführte Mediation an sich eine bessere Einsicht in die Ursachen der Schwierigkeiten und Konflikte und ihre Lösungsmöglichkeiten ermöglicht. Im Sinne aller Verfahrensbeteiligten, sowohl des Mediators wie auch der Ehepartner (oder anderer Familienangehöriger, falls die Mediationsprinzipien auch bei anderen Familienstreitsachen zur Anwendung kämen), wäre dies von größter Bedeutung. Schließlich hat auch der Staat ein erhebliches Interesse an der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Familienmitgliedern. Dieses äußert sich nicht nur in der Sorge für die Bürger, sondern auch in der Arbeitsentlastung der zuständigen Behörden und in der Senkung der aus der großen Verfahrensanzahl resultierenden Kosten. Die größte Gefahr sehen wir jedoch darin, die Mediation als reine Formalität zu betrachten. Als Form ohne Inhalt postuliert, würde das Mediationsverfahren seinen Sinn verlieren. Dieser familienrechtliche Bereich ist ein guter Beweis dafür, dass es nicht ausreicht, Rechtsakte zu verabschieden, sondern dass es noch wichtiger ist, ihre reguläre und gewissenhafte Durchsetzung in der Praxis sicherzustellen, weil das Recht nur auf diese Weise seine volle Bedeutung entwickelt.

Keywords

Mediation zwischen Ehepartnern; Mediator; Ehescheidung; kroatisches Recht; Europarat; Europäische Union

Hrčak ID:

11589

URI

https://hrcak.srce.hr/11589

Publication date:

15.4.2007.

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