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Original scientific paper

Die Moskauer Marienmesse (Beleg der Berührung der kroatisch-glagolitischen und russich-kirchenslavischen Buchkultur auf polnischem Boden im Mittelalter)

František Václav Mareš


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Abstract

Die Moskauer Marienmesse (Beleg der Berührung der kroatisch-glagolitischen und russich-kirchenslavischen Buchkultur auf polnischem Boden im Mittelalter)
§ 0. Im Jahre 1910 hat A. I. Sobolevskij darauf aufmerksam gemacht, daß synodalen Handschriftensammlung ein russich-kirchenslavischer Meßtext römischen Ritus erhalten ist. - 0.1 Später wurde dieser Text nur erwähnt (Vašica, Tschiževskij, Laurenčík), nicht jedoch untersucht. - 0.2 Im Jahre 1965 habe ich die Ausgabe des gesamten Textes vorbereitet; die splendide Agramer Edition des Missale Hervoiae Ducis Spalatensis (s. Anm. 4) ermöglicht jetzt einen Vergleich mit den kroatisch-glagolitischen Denkmälern.
§ 1 - 1.1 Die MMM (= Moskauer Marienmesse) ist in einer kyrillischen (halbunzialen) Sammelhandschrift (Papier) vom Ende des XV. oder vom Anfang des XVI. Jahrhunderts erhalten. Sie wird im Moskauer Historischen Staatsmuseum aufbewahrt (Signatur. Sinod 558). - 1.2 Der Text der III. Marienmesse am Samstag mit den laut gelesenen Teilen des Meßordinariums befindet sich auf fol. 55b 27-59a 4.
§ 2. Die russich-kirchenslavische MMM entstand eideutig durch sprachliche Übertragung aus einem entsprechenden kroatisch-glagolitisch-kirchenslavischen Text. Ferner werden Bewise dafür erörtert.
2.1 Beweise textologischen Charakters: 2.1.1 Die textologische Einheit beider Versionen als Ganzes. - 2.1.2 Ausgeprägte textologische Übereinstimmungen. - 2.1.3 Gemeinsame Fehler; 2.1.3.1 andere Fehler. - 2.1.4 Liturgische Besonderheiten.
2.2 Beweise sprachlichen Charakters: 2.2.1 Im Wortschatz: 2.2.1.1 gleiche Auswahl von Synonymen (2.2.1.1.1 auch bei Wiedergabe verschiedener Synonymen des lateinischen Originals); 2.2.1.2 alte kirchenslavische Wörter; 2.2.1.3 Kroatismen; 2.2.1.4 Wörter, die im Osten nicht üblich waren; 2.2.1.5 das Relativpronomen ki/iže ´der, welcher´.- 2.2.2 In der Syntax: 2.2.2.1 Imperativus der 3. Person sg.; 2.2.2.2 (1) ablativus absolutus, (2) einfacher Ablativ, (3) Relativsätze (N. B. Spuren der griechischen Vorlage des altkirchenslavischen Urtextes in Bibelzitaten), (4) accusativus cum infinitivo; 2.2.2.3 Verwendung der Präterita. - 2.2.3 In der Flexion . - 2.2.4 Im Bereich der Lautgestalt (2.2.4.1 westliche/östliche Formen amenь/aminь, alleluia). - 2.2.5 In der Schreibart.
2.3 Zusammenfassung über die Übereinstimmungen der MMM und des kroatisch-glagolitischen Textes. Es ist anzunehmen, daß sich an der Übersetzung nur ein Literat beteiligte (2.3.1 die Voraussetzung, daß zwei Personen am Werk gewesen wären, ist eher unwahrscheinlich).
§ 3. Textvergleich mit den kroatisch-glagolitischen Meßbüchern.
3.1 Der Umfang der MMM: 3.1.1 Was ist in der MMM enthalten, 3.1.1.1 Was ist da über das Ausmaß der kroatisch-glagolitischen Texte vorhanden;
3.1.2 was fehlt; 3.1.3 Verschiebungen im Text; 3.1.4 Auswertung der Ergebnisse: die MMM war als ein praktisches Hilfsmittel für die Laien bestimmt, die nicht lateinisch verstanden.
3.2 Das Textverhältnis der MMM und der kroatisch-glagolitischen Meßbücher: 3.2.1 Im Grundteil der MMM sind (3.2.1.1) nur zwei Varianten mit dem Novak-Missale gemeinsam, fünf Lesungen stimmen mit keinem kroatisch-glagolitischen Missale überein, sonst (3.2.1.2) steht das Ganze textkritisch etwa in der Mitte zwischen dem Hrvoj-Missale und Illirico - 3.2.2 Zum Confiteor ist es uns nicht gelungen, eine genauere Vorlage zu finden. - 3.2.3 Das Kredo: 3.2.3.1 sein Text entspricht am nächsten der Lautung der kroatisch-glagolitischen editio Princeps (Venediger Druck aus d. J. 1483) und dem Novak-Missale, 3.2.3.2 die Koinzidenzen mit dem Hrvoj-Missal sind gering; 3.2.3.3 es läßt sich der Einfluß des kirchenslavischen und polnischen apostolischen Glaubensbekenntnisses feststellen (symbolum Apostolicum, "kleines" kredo); 3.2.3.4 der ebenso feststellbare Einfluß des öslichen Kredos hätte ins Denkmal erst beim Abschreiben eindringen können (3.2.3.4.1 es sind auch auffallende Abweichungen von der östlichen Lautung zu verzeichnen); 3.2.3.5 einige wenige Lesarten gehen auf keinen uns bekannten Text zurück. - 3.2.4 Die Rubriken: 3.2.4.1 ihr Ausmaß: nur etliche Rubriken lassen sich. (3.2.4.2) mit den kroatisch-glagolitischen Texten und (3.2.4.3) mit den lateinischen Rubriken der (späteren) Tridentiner Ausgabe vergleichen, (3.2.4.3.1 einige sind nur sehr approximativ ähnlich); 3.2.4.4 die meisten sind vom Überstezer frei formuliert worden; 3.2.4.5 alle sind den Bedürfnissen eines der Messe beiwohnenden Leien angepaßt.
§ 4 Spezifische Abweichungen der MMM von der kroatisch-glagolitischen Vorlage.
4.1 Abweichungen textologischen und liturgischen Charakters.
4.2 Abweichungen in der Sprache des Meßtextes: 4.2.1 Im Wortsatz: 4.2.1.1 ostslavische Merkmale; 4.2.1.3 westslavische Merkmale. - 4.2.2 In der Syntax: 4.2.2.1-2 ostslavische und westslavische Merkmale; 4.2.2.3 der altkirchenslavische dativus adnominalis. - 4.2.3 In der Flexion: 4.2.3.1 ostslavische Formen; 4.2.3.2 polnische Formen. - 4.2.4 Lautgestalt: 4.2.4.1 ostlsavische; 4.2.4.2 polnisch.
4.3 Die Sprache der Rubriken: 4.3.1 Ostslavische Merkmale: a) weißrussich und ukrainisch, b) weißrussisch und russisch, c) weißrussich, ukrainisch und russisch. - 4.3.2 Polnische Merkmale: a) nur polnisch, b) polnisch und weißrussisch, c) polnisch und ukrainisch, d) polnisch, weißrussisch und ukrainisch. - 4.3.3 Andere Merkmale: a) kirchenslavisch, b) allgemein nordslavisch, c) nichtslavischen, d) indifferent. - 4.3.4 Ergebnis: alle Spracheigentümlichkeiten in den Rubriken gehen auf das Weißrussische und auf das Polnische zurück.
§ 5 Die MMM ist eine Abschrift, die jedoch dem protographen verhälteinsmäßig nahe steht. -5.1 In den Einzelheiten ist es oft möglich zu entscheiden, welche charakteristischen Züge dem Übersetzer und welche dem Abschreiber zuzumuten sind.
§ 6 Es sind mir auch zwei weitere Texte römischen Ritus in russisch-kirchenslavischer Übersetzung bekannt: der eine folgt in derselben Handschrift unmittelbar nach der MMM (eine zweisprachige, lateinisch-kirchenslavische Aufzeichnung der Grundgebete Pater, Ave, Credo); der andere ist viel jünger: dies ist eine russisch-kirchenslavische Lautung der lateinisch Meßordnung in der Handschrift Sign. 16.3.13=Osn 1266 der Akademischen Bibliothek zu Leningrad. Über diese beiden Denkmäler bereite ich eigene Artikel vor.
§ 7 Endergebnis- Die MMM wurde aus der kroatisch-glagolitischen Redaktion des Kirchenslavischen in die russische übertragen; dieses Werk ist in der 1. Hälfte des XV. Jahrhunderts von einem russisch-kirchenslavisch und nachträglich auch polnisch gebildeten Laienbruder weißrussischer Herkunft vollzogen worden, der am ehesten der glagolitisch-kirchenslavischen Kloster-kommunität zu Kleparz in Krakau angehörte. Es bietet sich die konkrete Vermutung an, daß die MMM für Sophie-Zofia Holszańska, die vierte Gatttin von Władysław II, Jagiełło. angefertigt wurde. - Die MMM bezeugt, daß das Kirchenslavische noch im XV. Jahrhundert fähig war, die Aufgabe einer Ost-West-dachsprasche zu erfüllen, und daß die Krakauer römisch-kirchenslavische Klosterenklave es vermochte, das kroatisch-glagolitische Schrifttum nach osten auszustrahlen und den Kontakt dieser beiden Kultursphären wenigstens gelegentlich zu vermitteln.
§ 8 Ausgabe der MMM mit parakritischem Apparatus und mit Angabe der parallelen Stellen in den kroatisch-glagolitischen Meßbüchern.

Keywords

Hrčak ID:

14223

URI

https://hrcak.srce.hr/14223

Publication date:

30.9.1976.

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