Original scientific paper
VOLKSLIEDER DES DORFES DONJA LETINA, II. TEIL
Stjepan Stepanov
Abstract
In Fortsetzung des im vorigen Jahrbuch des Institutes für Volkskunst in Zagreb (Nr. III, 1964/65) veröffentlichten I. Teils, folgt hier der II. Teil der Sammlung von Volksliedern dieses kleinen Dorfes an den Ufern des Save-Flusses. Während im I. Teil a) mythologische und magische Lieder, b) Hochzeitslieder, c) Soldatenlieder, d) Aufzählungslieder, e) Liebeslieder, f) Scherzlieder und g) Lieder verschiedenen Inhaltes veröffentlicht worden sind, werden im II. Teil Legenden, Ro manzen und Balladen gebracht. Im anschliessenden Kommentar, den Analysen und Tabellen wird jedoch Bezug genommen auf beide Teile der Sammlung. Darin wird auf die Intonations-Probleme hingewiesen und die vielgestaltigen und eigenartigen Tonleitern, ihre Entwicklungstendenzen, und es wird auch versucht bezüglich der ursächlichen Zusammenhänge dieser Erscheinungen und ihrer bis heute erhaltenen Archaität eine Erklärung zu finden. Die Tonleiter-Tabelle stellt den Versuch vor, die Entwicklungswege darzulegen, angefangen von den ältesten Tonreihen-Typen dieser Gegend, deren Merkmal die Enge der akustischen Verhältnisse zwischen den Tonstufen ist, über die verschiedenartigen Entwicklungsstadien dieser Tonreihen, bis zu ihren heutigen differenten Formen, die aber keinesfalls als entgültiger Abschluss dieses Prozesses angenommen werden dürfen, da die — nicht nur in dieser Gegend —zu beobachtende Tendenz einer allmählichen Auflassung des uralten traditionellen engen diatonischen Halbton-Verhältnisses zwischen den Tonstufen, sicherlich auch weiter fortschreiten wird. Diese Verflachung und Verarmung der akustischen Nuancen dieser verblüffenden Zahl an (im Grunde sechsstufigen) Tonreihen wird, offenbar, in weiterer Zukunft mit dem Ergebnis enden, dass auch hier das wohltemperierte Dur-Moll-System überhandnehmen wird, wenn nur erst der mächtig anziehende Subsemitonium modi seine sich echon ankündende Alleinherrschaft entgültig antritt.
Ein ähnliches BUd bietet auch die Vereinfachungs-Tendenz in der Entwicklung des ursprünglich so reichdifferenzierten Metrums der Tonwerte und der Rhythmen, was insbesondere bei den Tanzlied-Weisen ersichtlich ist, während die Melodien der nicht getanzten Lieder ihre diesbezügliche Vielfältigkeit, zum Glück, einstweilen noch bewahrt haben.
Die Schlusskadenzen der zweistimmigen Gesangspraxis dieser Gegend enden authentisch mit dem Unisono auf dem Grundton der jeweiligen Tonreihe. Der Schluss mit dem Quintenintervall ist eine neuere Erscheinung in dieser Gegend und ist für sie nicht typisch. Dieser Schluss erweckt den Anschein als ob die Melodie auf der zweiten Stufe der Tonreihe ende und die Unterstimme an dieser Stelle die subtonikale Oberdominante intoniere, also als ob es sich um eine Melodie im mixolydischen Modus handle, die auf der zweiten Stufe der Tonreihe und mit Dominantharmonie ende. Wie man jedoch aus den zahlreichen Beispielen des gleichen Melodietyps, die zweistimmig traditionsgemäss im Unisono enden, ersieht, wäre die oben dargestellte Deutung falsch, da es ganz klar ist dass es zu dieser irreführenden Schlusskadenz nur infolge des erwähnten Quintenintervalls gekommen ist. Diese Kadenzbildung ist in vielen anderen Gegenden Jugoslawiens sehr verbreitet und ist eine relativ neuere Erscheinung. Wie es, jedoch, zu ihrer Bildung gekommen ist, das ist noch nicht ganz klar, aber es kann angenommen werden dass Sie von der instrumentalen Begleitung herkomme, aber von welchem Volks-Musikinstrument, das konnte noch nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden, da sowohl eine Gattung von Sackpfeifen, als auch ein Streichinstrument (die Lijerica), aber auch einige traditionelle Zupfinstrumente dieses Quintenintervall in der Schlusskadenz anwenden.
Der Schluss mit dem Terzintervall ist dem Einflüsse der sehr populären und zahlreichen sog. »städtischen« (varoske) Lieder zuzuschreiben. Angewendet bei diesen alten Weisen, zeugt diese Schlusskadenz von eine offebaren Dekadenz, was noch gesteigert wird wenn stellenweise eine hinzutretende dritte (bassierende) Stimme auftönt, was zu einer Dreistimmigkeit führt, die ganz und gar untypisch für diese Gegend, aber umso bezeichnender ist für diese »städtischen« Lieder.
Den Tabellen der Tonreihen und der Takte und Rhythmen folgt eine Übersicht der Melostrophen, sowie Anmerkungen zu dem abweichenden Bau einiger von ihnen, und im weiteren eine Tabelle der Versarten, ein alphabetisches Verzeichnis der Lieder (beider Teile) nach ihren Anfangsversen, und abschliessend das Namensverzeichnis der Sänger.
Die Texte sämtlicher Lieder dieser Sammlung sind von dem Verfasser auch ins Deutsche übersetzt worden, wobei sowohl die Silbenzahl als auch der genaue Inhalt eines jeden Verses des Originals striktest beibehalten wurde. Diese Übersetzungen sind im Besitze des Verfassers und können gegebenenfalls von diesem bezogen werden.
Keywords
Hrčak ID:
35760
URI
Publication date:
14.9.1966.
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