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Original scientific paper

Blütenanomalien der mit Stolbur infizierten Tabakpflanzen

Davor Miličić ; Hrvatska


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Abstract

Einleitung
Das Stolburvirus (Chlorogenus australiensis var. stolbur Kovacevski) ist in vielen europäischen Ländern ziemlich verbreitet und befällt verschiedene Kulturpflanzen, z. B. Tomaten, Paprika, Kartoffeln, Tabak u. Eierfrucht. Dieses Virus ist im Jahre 1933 in UdRSS entdeckt worden. In Jugoslawien wurde es von Panj an (1950) gefunden.
Das Stolburvirus kann besonders große Veränderungen an den Reproduktionsorganen seiner Wirtspflanzen verursachen. Es ist wohl bekannt, daß sich unter seinem Einfluß die Tomatenblüten stark verändern. Dabei wird sehr auffällig der Kelch mißgebildet, dessen Blätter miteinander verwachsen, an Größe gewinnen und sich blasenartig erweitern. Dagegen bleiben die anderen Blütenteile gewöhnlich kleiner als bei gesunden Exemplaren. Nach den Untersuchungen von Michailowa (1936) werden die Staubblätter häufig in kleine grüne Organe transformiert; außerdem können auch blattartige Formen der Samenanlagen auftreten. In anderen Fällen entstehen an den Blütenteilen anstatt dieser Umbildungen viele Nekrosen. Die Nekrosen überwiegen bei den Staubblättern, bei den Samenanlagen sind Blattransformationen häufiger.
Durch die Arbeiten von Michailowa wurden die von Stolbur in Tomatenblüten verursachten Veränderungen ausreichend bekannt; da gegen wurden die Blütenanomalien bei anderen Wirtspflanzen des Stolburvirus, z. B. bei Tabak, Eierfrucht u. Stechapfel noch nicht eingehender untersucht. Deshalb beabsichtigen wir in dieser Mitteilung, unsere Untersuchungen an Blüten von stolburkranken Tabakpflanzen darzustellen.
Schon K o s t o f f (1933) war bekannt, daß unter dem .Einfluß eines Virus, das später als Stolburvirus identifiziert worden ist, die Sterilität des Gynäzeums von Nicotiana tabacum entsteht. Derselbe Verfasser hat beobachtet, daß es dabei zu verschiedenen Mißbildungen im Blütenbereiche kommt, unter anderem Fruchtknotensverbreiterung und -Verlängerung wie auch starke Verkürzung des Griffels. Über die von Stolbur bedingten Veränderungen in Tabakblüten befinden sich dürftige Angaben auch bei Koracevskij (1933). Wie schwere und verschiedenartige Blütenanomalien unter dem Einfluß des Stolburvirus auftreten können, sieht man auch aus den Arbeiten von Muzurovic (1964) und Plavsic (1964), die in Jugoslawien verfasst sind. Da diese letzteren Beobachtungen nicht allen so leicht zugänglich sind, werden wir hier ihre wichtigsten Ergebnisse darlegen.
Nicht nur das Stolburvirus, sondern auch viele andere der Gelbsucht-Gruppe angehörende Viren können die Mißbildung ihrer Wirts pflanzen hervorrufen. So ist aus den Veröffentlichungen von V a 1 e n t a (1958, 1961) bekannt, daß das Virus der Krim-Gelbsucht der Kartoffeln und die verschiedenen Hexenbesenstämme die Blütenform von Nicotiana tabacum, N. glutinosa und Solanum tuberosum verändern können (vgl. auch Schmelzer 1961). Ebenso können nach Val ent a (1961) die Tabakblüten unter dem Einfluß des Parastolburvirus, die Kleeblüten unter dem Einfluß des Kleeverzwergungs- und Kleeverlaubungsvirus vergrünen.
Besonders interessant sind die Untersuchungen von Palm (1933), der die Blütenanomalien von den mit Aster-Gelbsucht infizierten Tro- ximon plaucum-Pflanzen studierte. Palm konnte dabei keine Anomalien in der Entwicklung der Antheren, ihrer sporogenen Gewebe und des männlichen Gametophyts feststellen, die Entwicklung aber der sporogenen Gewebe in den Samenanlagen war langsamer oder gar unterbunden. Nach Palm (1933) degeneriert das weibliche Gametophyt im binuklearen Stadium endgültig und gänzlich, so daß daraus eine vollständige und dauernde Sterilität der Samenanlagen resultiert. Außerdem entstehen bei Troximon häufig Blütenprolifikationen und im Innern des Fruchtknotens auf den Plazenten zahlreiche Trichome, die sich bei den normalen Pflanzen im Fruchtknoten niemals bilden.
Mißbildungen der Tabakblüten
Das Untersuchungsmaterial stammt aus der Umgebung von Zagreb. Wir haben es liebenswürdigerweise von Frau Biljana P 1 a v s i c, wiss. Assistentin an der Naturwisseschaftlich-mathematischen Fakultät zu Sarajevo, bekommen, wofür wir ihr auch hier herzlichst danken. Das gewonnene Virus wurde im Jahre 1962 im Glashaus in Nicotiana ta- bacum-Pflanzen (Typus »Prilep«) vermehrt. Die Untersuchungen wurden aber erst im Februar und Mai 1963 an 9 bis 12 Monate alten Exemplaren durchgeführt. Im Februar war die Temperatur im Glashaus angemessen (10—30° C) und die Beleuchtung schwach, im Mai dagegen war die Temperatur höher (10—40° C) und die Beleuchtung stark. Dieser Bedingungsunterschied scheint die Anomalienform beeinflußt zu haben.
Bei einem Vergleich von gesunden mit stolburkranken Tabakpflanzen kann man sofort einen großen Unterschied, besonders im Blütenbereiche, beobachten. Während die an den gesunden Exemplaren vorhandenen Blüten ziemlich lang und rosagefärbt sind, sind die kranken Blüten meistens kurz und grün. Außerdem ist bei den kranken Pflanzen die Blütenanzahl der Infloreszenzen größer, und die Infloreszenzen selbst sind stärker verzweigt.
Der Kelch ist der einzige Blüten teil, der unter dem Einfluß der Krankheit nicht bedeutender verändert wird. Dieser Teil behält also da ungefähr dieselbe Farbe und Größe wie bei den normalen Pflanzen.
Die Blumenkrone ist bei den gesunden Pflanzen gut entwickelt, sehr lang und im oberen Teil rosafarbig (Tab. I, Abb. 1). Im Unterschied dazu ist sie bei den kranken Tabakpflanzen stark verkümmert und gewöhnlich grün (Taf. I, Abb. 8—10). Es kann manchmal geschehen, daß auch bei den kranken Exemplaren weiße Blumenkronen erscheinen, diese aber erreichen kaum die halbe Länge der normalen Kronen. In anderen Fällen bleibt die Blumenkrone so kurz, daß sie nicht einmal die Länge der Kelchblätter erreicht (Taf. I, Abb. 6 und 8). Häufig stirbt die Krone verhältnismäßig früh ab, vertrocknet und fällt ab.
Andrözeum. Parallel mit der Verminderung der Blumenkronenlänge erfolgt auch eine Verkürzüng der an der Krone inserierten Filamente der Staubblätter. Während diese bei gesunden Blüten sehr lang sind (Taf. I, Abb. 1), sind sie bei kranken Pflanzen stark verkümmert, so daß die Antheren scheinbar unmittelbar an der Krone sitzen (Taf. I, Abb. 8 und 9).
Gynäzeum. Unsere Beobachtungen beziehen sich jedoch hauptsächlich auf das Gynäzeum, dessen Fruchtknoten bei den mit Stolbur infizierten Exemplaren besser entwickelt ist (Taf. II, Abb. 11—14) als bei den normalen Pflanzen (Taf. I, Abb. 1). Demgegenüber ist der Griffel bei den Kranken Blüten viel kürzer, oder er fehlt gänzlich (vgl. die Taf. I, Abb. 1 mit den Taf. II, Abb. 11—14, Taf. X, Abb. 34—36; s. auch K o s t o f f 1933). Gleicherweise sind auch die kranken Narben kleiner als die der gesunden Blüten.
Wir konnten feststellen, daß die kranken Fruchtknoten meistens größer als die normaler Blüten sind; die ersteren ragen deshalb aus dem Kelch hervor (Taf. X, Abb. 34—37). Diese Fruchtknoten behalten lange ihren saftigen Charakter und die grüne Färbung, so daß sie zusammen mit dem Kelch die wichtigsten Faktoren ausmachen, die dem Blütenstand der Stolburpflanzen eine ausgeprägt grüne Färbung verleihen.
Wird ein gesunder Fruchtknoten quer durchgeschnitten, dann wird sichtbar, daß er regelmäßig aus zwei Karpellen aufgebaut und zweifäch- rig ist (Taf. III, Abb. 17.) Auch der kranke Fruchtknoten enthält in seinen basalen Teilen zwei Fächer, aber in den apikalen Teilen ist er unvollständig geteilt und deshalb einfächrig (Taf. IV, Abb. 18 und 19). In seltenen Fällen bestand der Fruchtknoten aus sechs Fluchtblättern besaß demzufolge eine größere Anzahl von Fächern (Taf. III, Abb. 16).
Auch die Plazenta ändert sich unter dem Viruseinfluß beträchtlich. Sie ist bei gesunden Exemplaren abgeplattet und konvex (Taf. III, Abb. 17). Zum Unterschied dazu ist sie bei erkrankten Pflanzen häufig in zwei verschiedenartig lange Schenkel geteilt (Taf. IV, Abb. 18 und 19). Manchmal vergrößert die kranke Plazenta bedeutend ihren Umfang und deformiert sich deshalb im geschlossenen Fruchtknoten (Taf. V, Abb. 20). Infolge der Vergrößerung des Umfanges der Plazenta zerreißt in vielen Fällen die Fruchtknotenwandung, und die Plazenta gelangt nach außen, wo sie dann dem direkten Einfluß der Außenbedingungen ausgesetzt ist (Taf. II, Abb. 13—15; Taf. V, Abb. 21; Taf. X, Abb. 35—37). Zusammen mit der Plazenta geraten auch die Samenanlagen nach außen (Taf. II, Abb. 15). Solche Plazenten verändern beträchtlich ihr Aussehen, so daß ihre »fertile« Oberfläche statt einer konvexen oft eine konkave Form annimmt (Taf. II, Abb. 15). Für die kranken Pflanzen ist charakteristisch, daß sich Drüsenhaare auf der äußeren und inneren Epidermis der Fruchtknotenwandung, ferner auf der Plazenta, ja sogar auf den Samenanlagen befinden (Taf. VI, Abb. 22 und 23; Taf. VII, Abb. 24; Taf. VIII, Abb. 27 und 29). Demgegenüber enthalten die gesunden Fruchtknoten keine Trichome (Taf. III, Abb. 17).
Besonders große Veränderungen zeigen sich an den Samenanlagen der erkrankten Exemplare. Die normalen Samenanlagen sind anatrop und von gleicher Größe, haben einen typisch gestalteten Embryosack und eine deutlich sichtbare Mikropyle (Taf. VII, Abb. 25). Die Samenanlagen der kranken Blüten sind dagegen in vielen Fällen nicht anatrop, sondern kampylotrop oder sogar atrop (Taf. VII, Abb. 24; Taf. VIII, Abb. 26 und 29). Häufig kann man bei den kranken Samenanlagen die genaue Lage der Mikropyle nicht feststellen (Taf. VIII, Abb. 27 und 28). Manchmal ist die Form der Samenanlagen so stark modifiziert, daß sie ihre charakteristischen Merkmale verliert. Deshalb wird in diesen Fällen fraglich, ob es gerechtfertigt ist, diese plazentaren Auswüchse als Samenanlagen zu bezeichnen.
Das gilt besonders für die Auswüchse, die sich an jenen Plazenten entwickeln, die durch den Riß der Fruchtknotenwandung nach außen gelangen. Obwohl diese Auswüchse metamorphosierte Samenanlagen darstellen, unterschieden sich jene von diesen bedeutend. Im extremen Fall können sie eine Größe von mehreren Millimetern und Blattform annehmen (Taf. IX). An solchen »Samenanlagen« kann man einen engen, basalen, dem Blattstiel ähnlichen Teil und einen apikalen, abgeplatteten, der Blattspreite ähnlich sehenden Teil unterscheiden. Am Stielchen dieser blattartigen Samenanlage gibt es eigenartige Verzweigungen (Taf. IX, Abb. 30). Was die »Spreite« betrifft, ist sie reichlich mit Chloroplasten versehen; in ihrer Epidermis befinden sich zahlreiche Spaltöffnungen, und in ihrem Innern ist eine gut entwickelte Nervatur sichtbar, die aus einem medianen Nerven und aus mehreren durch Anastomosen miteinander verbundenen seitlichen Nerven besteht (Taf. IX, Abb 31).
Nicht nur die blattartigen Samenanlagen, sondern auch jene, die die gleiche Größe wie die normalen Samenanlagen behalten, sind manchmal so verändert, daß sie keine charakteristischen Merkmale der Samenanlagen mehr besitzen. Sehr häufig enthalten sie keinen Embryosack, oder —• wenn er sich zu bilden beginnt, ist dieser stark nekrotisiert. An den kranken Samenanlagen erscheinen oft auch Drüsenhaare.
Eine weitere wichtige Anomalie sind die Prolifikationen im Blütenbereiche. Wir konnten mehrmals beobachten, daß die Prolifikationen aus den Achseln der Kelchblätter entstehen (Taf. I, Abb. 7). Besonders sind aber diejenigen interessant, die sich im Innern des Fruchtknotens bilden (prolification endocarpique; s. Penzig 1921). Bisweilen tritt eine neue Blütenknospe in der Mitte des Fruchtknotens auf (diaphyse flo- ripare, s. Penzig 1921: Taf. I, Abb. 2 und 3; Taf. VI. Abb. 22). In diesem Falle bleibt die Querwand zwischen zwei Fruchtknotenfächern unentwickelt, und die Plazenten tragen wenige oder keine Samenanlagen. Häufiger sind jedoch die Fälle, daß sich in jedem Fach je eine Blütenknospe bildet (Taf. I, Abb. 5; Taf. VI, Abb. 23). Am Anfang der Entwicklung befinden sich die Knospen noch im geschlossenen Fruchtknoten, erst später treten sie heraus (Taf. I, Abb. 2 und 3).
Wir müssen auch hier darauf hinweisen, daß unserer Vermutung nach die Anomalienformen auch von äußeren Bedingungen abhängig sein könnten. Wir konnten nämlich während unserer im Winter (Februar) ausgeführten Untersuchungen sehr häufig beobachten, daß die Fruchtknotenwandung infolge des Plazentenwachstums zerriß. Demgegenüber waren im Frühling (Mai), als höhere Temperaturen und stärkeres Licht vorhanden waren, die Risse verschwunden, und anstatt dieser konnten wir viele Prolifikatonen in den Blüten wahrnehmen.
Diskussion der Ergebnisse
Wie aus Obigem hervorgeht, kommt es bei Tabak unter dem Einfluß des Stolburvirus zu vielen Blütenanomalien, die sich besonders in den Veränderungen der Kronenblätter, des Fruchtknotens und der Samenanlagen äußern. Im Unterschied von diesen Blütenteilen verändert sich der Kelch nicht sehr.
Eigenartig sind die Mißbildungen des Fruchtknotens, der größer als der normale Fruchtknoten wird und länger als dieser den saftigen Charakter und die grüne Färbung beibehält. Die Blumenkrone ist dagegen regelmäßig sehr stark verkümmert. Deshalb stammt die grüne Färbung des Blütenstandes hauptsächlich von den grünen Fruchtknoten und Kelchen.
Die Samenlosigkeit der mit Stolbur infizierten Tabakpflanzen ist zweifelsohne von starken Mißbildungen und Nekrosen der Samenanlagen verursacht. Die deformierten Samenanlagen können ungefähr dieselbe Größe wie die normalen behalten, sie verlieren aber viele andere Eigenschaften der gesunden Samenanlagen (Taf. VIII, Abb. 26—29). So können bei mißgebildeten Samenanlagen oft der anatrope Charakter, die Mi- kropyle und der Embryosack verschwinden; es entstehen aber neue Gebilde, wie z. B. die Drüsenhaare. Was die häufigen Nekrosen anbelangt, konnten wir diese nur an denjenigen kranken Samenanlagen beobachten, die noch einige Eigenschaften der normalen bewahrt haben. Solche Samenanlagen enthielten noch Reste der Mikropyle oder des Embryosackes oder entsprachen in ihrer Größe den normalen Gebilden.
Manchmal vergrößern sich die Samenanlagen sehr stark und werden dabei einem Blatt ähnlich. Solche Anlagen konnten wir nur bei jenen Fruchtknoten wahrnehmen, bei denen durch die anschwellende Plazenta die Karpellwandung zerrissen wurde. Nach dem Zerreißen konnte die Plazenta nach außen auswachsen und größere Samenanlagen bilden. Es scheint uns, daß sich die blattförmigen Samenanlagen erst unter dem Einfluß der äußeren Bedingungen, speziell des Lichtes, entwickeln können, so daß ihrem Erscheinen das Zerreißen der Karpellwandung vorangehen muß. Michailowa (1936) hat auch die Umwandlung der Samananlagen in blattförmige Gebilde beschrieben; sie bringt aber ihre Entstehung nicht mit dem Reißen der Fruchtknotenwandung in Verbindung.
Während Michailowa (1936) die Blütenanomalien stolburkran- ker Tomaten behandelt hat, haben wir hier einen Beitrag zur Kenntnis derselben Anomalien bei Tabak geliefert.
Zusammenfassend kann man zu den Ergebnissen dieser Untersuchungen Folgendes sagen: Auf den stolburkranken Tabakpflanzen kommt es regelmäßig zu Blütenanomalien. Die enstehenden Veränderungen fallen besonders auf den Kronenblättern und dem Gynäzeum auf. Größere Bedeutung haben die Mißbildungen und die Nekrosen der Samenanlagen, weil diese zur Sterilität der Blüten führen. Infolge des intensiven Wachstums der Plazenta wird die Fruchtblätterwandung manchmal zerrissen, und dann treten die Plazenta und die Samenanlagen aus dem Fruchtknoten heraus. Solche Samenanlagen vergrößern sich zuweilen stark und nehmen dann eine blattartige Gestalt an.

Keywords

Hrčak ID:

153397

URI

https://hrcak.srce.hr/153397

Publication date:

31.12.1964.

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