Synthesis philosophica, Vol. 20 No. 2, 2005.
Original scientific paper
DAS ENDE DER LIBERALEN DEMOKRATIE WIE WIR SIE GEKANNT HABEN?
WILLIAM L. McBRIDE
Abstract
Theoretisch befanden sich die falschen Linien in der Theorie der liberalen Demokratie schon immer an mindestens zwei wichtigen Stellen: im Prozess oder Prozedere und im Resultat. Was das Erste betrifft, so bestand das Problem darin, dass versucht wurde sicherzustellen, dass der „Wille des Volkes“ – oder zumindest der der relevanten Menschen, der wählbaren Wähler – durch anschauliche, praktische Mechanismen zum Ausdruck kommt. Entsprechend dem Konsens der bedeutendsten Theoretiker der liberalen Demokratie in der neueren Vergangenheit gelten als solche Mechanismen die Wahlen für Repräsentativorgane und die nachfolgenden Stimmen der Wahlsieger. Doch auf jedem Schritt stoßen wir auf Instanzen der gewählten Regierungen, die die Mehrheitsansichten desselben Personenkreises, von dem sie ursprünglich gewählt worden waren, preisgeben. Die Theorie der liberalen Demokratie besagt, dass solange angebrachte Verfahren zum Ausdruck des Willens der Mehrheit angewandt werden (oder in einigen Fällen, der bloßen Mehrzahl) im Hinblick darauf, wer sie vertreten soll, die Vertreter berechtigt sind, gegen den manifesten Willen des Volkes zu stimmen. Doch dies ist natürlich ein offensichtlicher Widerspruch. Was die Frage der Resultate betrifft, so hat sich die neueste Theorie der liberalen Demokratie eine noch tiefere Grube gegraben, da sie sich vom Begriff des Allgemeinwohls abgewandt hat, zu dem zumindest einige frühere Theoretiker in dieser Tradition standen. Die Theorie der liberalen Demokratie hat sich letztlich selbst jegliche kritische Funktion in Bezug auf die Resultate abgesprochen. Statt dessen ist sie gezwungen, jedes Ergebnis zu ratifizieren, ohne Rücksicht darauf, wie offensichtlich es irreführend oder sogar tragisch sein mag, solange es das Erzeugnis einer akzeptierten autoritativen Bündels von Verfahren und Institutionen ist. Eine neue theoretische Richtung wird sicherlich gegen alle Elemente ankämpfen müssen, die größtenteils im Rawlsschen Ansatz und den Schriften der meisten seiner liberaldemokratischen Mitläufer fehlen: mit Macht, Gewalt, Domination, Ideologie, Entschlüssen, Deutungen, politischem Ausdruck, Revolution, Geschichte, Ökonomie, Biopolitik. Was wir dringend brauchen, sind neue Modelle sozialer und politischer Philosophie!
Keywords
Hrčak ID:
2449
URI
Publication date:
20.12.2005.
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