Historical Journal, Vol. 38 , 1985.
Original scientific paper
ZU DEN KROATISCH-SLOWENISCHEN POLITISCHEN BEZIEHUNGEN 1871
Petar Korunić
Abstract
Im Nachlaß von Matija Mrazović, der im Archiv der Jugoslawischen Akademie der Wissenschaft und Kunst aufbewahrt wird, befinden sich u. a. zwei Briefe und ein panslawisches patriotisches Gedicht unter dem Originaltitel »Vseslavjanska budnica« des slowenischen Patrioten Anton Domiceli. Das patriotische Gedicht und die Briefe, in denen dieser bekannte slowenische Anhänger der Narodna stranka (der national orientierten Partei) das austroslawische-föderalistische und jugoslawische politische Programm ausgeführt hat, wurden 1871 verfaßt und an Matija Mrazović, den eigentlichen Führer der kroatischen nationalen Partei geschickt.
Die genannten Schriften, die in dem vorliegenden Artikel veröffentlicht werden, mögen als Beitrag zur besseren Kenntnis des slowenischen nationalen Programms und vor allem der kroatisch-slowenischen politischen Beziehungen dienen. In dem einleitenden Teil des Artikels werden auch die grundlegenden Prinzipien der austro-slawischen-föderalistischen und jugoslawischen Konzeption in der kroatischen nationalen Politik dargestellt. Bei den kroatischen Mitgliedern der nationalen Partei, also bei den sog. »narodnjaci«, den Verfechtern des Liberalismus, hatte der Föderalismus eine mehrfache Bedeutung. Vom Standpunkt der politischen Gemeinschaft und zugleich vom Standpunkt der politischen Emanzipation stand der Föderalismus bei den kroatischen Politikern in der Funktion der Schaffung von neuen, demokratischen, politischen Beziehungen und der Ausweitung der politischen Freiheiten. Der Prozeß der Stärkung der demokratischen politischen Ordnung und der Freiheit sollte verwirklicht werden: (1) durch die Umstrukturierung der politischen Gemeinschaft — und zwar die Umwandlung der Habsburger Monarchie in eine konföderative Gemeinschaft, und (2) durch national-politische Emanzipation — und zwar (a) durch die Schaffung des Staates Kroatien und (b) die Schaffung einer jugoslawischen föderativen, internationalen Kultur- und Staatsgemeinschaft. Ein solches politisches Programm ist in der kroatischen Politik seit 1848 anzutreffen.
In dem Brief an M. Mrazović verurteilte Domicelj jeden Versuch der Übereinkunft mit den Ungarn oder den Deutsch-Österreichern, die »so i ostanejo naši nepoboljšivi dušmani« (unsere unbelehrbaren Feinde sind und bleiben). Was die Politik anbelangt, hat er in seiner Theorie des Föderalismus dem ungarischen und dem deutsch-österreichischen Vorherrschaftsanspruch das liberale Prinzip der Gleichberechtigung und Selbständigkeit der kleinen slawischen Nationen in der Monarchie entgegengesetzt. Er stand auf dem Standpunkt, daß die Ungarn und die Deutsch-Österreicher durch ihre auf dem Dualismus des Staats fußende Politik sowie durch ihren Nationalismus und ihre hegemonistischen Tendenzen die slawischen Völker in der Monarchie um die grundlegenden Rechte — das Recht auf Gleichheit, Gleichberechtigung und Freiheit — bringen. In dem Föderalismus als dem gemeinsamen Programm aller Slawen in der Doppelmonarchie sah er die Möglichkeit, die Freiheit und Gleichberechtigung der Völker zu verwirklichen.
Keywords
Hrčak ID:
326293
URI
Publication date:
1.5.1986.
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