Original scientific paper
Gjuro Arnold als Ästhetiker im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen in der kroatischen Moderne
Zlatko Posavac
; Institut za filozofiju, Zagreb, Hrvatska
Abstract
Der Text unter angeführten Titel setzt hier die früher begonnenen umfangreichen monographisch-historiographisch-interpretativ-kritischen und hermeneutischen Forschungen über Gjuro Arnoids ästhetische Ansichten. Der vierte Teil wird der besonderen Thematik der Beziehung der Kunst zur Wissenschaft (aber auch umgekehrt) gewidmet, was Arnold als ein theoretisch wichtiges und geschichtlich gleichermaßen für das ihm gegenüber vergangene 19. wie auch für das auf ihn zukommende 20. Jahrhundert aktualisiertes Problem wiedererkannt hat. Die Untersuchung besteht aus fünf Kapiteln.
Der Autor verweist den Leser im ersten Kapitel darauf, daf3 fast überhaupt kein besonderes Interesse an Gjuro Arnoids ästhetischen Ansichten bestand, solange Arnold seine ästhetischen Probleme mit den Problemen der nationalen Kultur nicht verband, indem er sich für deren kroatischen Charakter einsetzte und dies institutionell dürchführte. Von diesem Augenblick fordern alle ästhetischen Auslegungen Gjuro Arnoids Aufmerksamkeit heraus, sogar diejenigen durchhaus theoretischen Charakters, und sie haben neben Anhängern auch viele heftige Gegner. So haben Arnoids Gegner sogar das Thema der Beziehung der Kunst zur Wissenschaft, vom positivistischen Standpunkt, einfach für absurd erklärt.
In dem zwei ten Kapitel wurde Arnoids kritischer Blick auf das damals gerade verstrichene 19. Jahrhundert dargestellt, das sich, wie Arnold hervorhebt, selbst siegerisch als »naturwissenschaftlich« bezeichnete. Die Thesen sind in Arnoids Rektoratsrede 1891- 1900 zu finden, in welcher er meint, daß man das 19. Jahrhundert nicht eindeutig bezeichnen könne, sondern daß sein Verlauf in drei Phasen bestanden habe: in einer philosophischen, in einer naturwissenschaftlichen und in einer soziologisierenden. Die Vorherrschaft der Wissenschaft, nebst einer Degradierung der Philosophie, kritisiert Arnold als grundsätzlich-theoretischen, also philosophisch nicht fundierten Positivismus. Arnold bleiben die negativen Ret1exe des Positivismus innerhalb der Wissenschaft selbst nicht unbeachtet, die ohne Philosophie die Ganzheitlichkeit verliert, indem sie in spezialisierte Gebiete zerfällt, während die Kunst gleichzeitig auf der ästhetischen Ebene durch das Nacheifern der Siegesgenugtuung der Wissenschaft ihre spezifische Aufgabe verliert. Da die Kategorien der Wahrheit und Schönheit, nicht als Ideen sondern als Ideale, auf ihren Gebieten, d.h. in Wissenschaft und Kunst, bestimmend sind, folgt daraus nach Arnold, daß die Krise des Ideals die Krise der beide n Gebiete sowie der Kultur überhaupt bedingt.
In seiner Rektoratsrede eröffnete Arnold auf Grund der Diagnose des 19. Jahrhunderts die Problematik, der er eigentlich den theoretischen Ansatz gab und die er einige Jahre späterr unter dem genaueren Titel Umjetnost prema znanosti (Die Stellung der Kunst zur Wissenschaft) erarbeitete. Die Aporie sieht Arnold als mögliche Verbindung der Kategorien der Wahrheit und Scönheit sowie ihrer Disparität. Wie auch in den beiden Rillen nicht möglich ist, das Problem des Primats des Inhalts oder der Form umzugehen, bilden so diese Betrachtungen die Grundlage des dritten Kapitels als Auslegung des Titelthemas, insofern die platonische Gleichsetzung von Wahrheit und Schönheit vorausgesetzt wird. Er kritisiert die beiden extremen Rille, die Bevorziehung des Inhalts gegenüber der Form (nach Arnold tun dies die Idealisten, Rationalisten usw.), jedoch auch umgekehrt, der Primat der Form über dem Inhalt (= Idee respective Ideal), in den Rillen der Empiristen, Materialisten (!) usw. In dieser Sache setzt sich Arnold für die Gleichmäßigkeit ein: die Idee muß die Form durchdringen, wie auch der Inhalt seine angemessene sinnlich ausgedrückte Form erhalten muß. Da jedoch die Wissenschaft, die ein System des allgemeinen Wissens ist, mit den Gesetzen, Begriffen und Abstraktionen operiert, scheint jede Korrespondierung der Wissenschaft der Kunst gegenüber unmöglich, trotz der Einsetzung für das grundsätzliche Gleichgewicht des Verhältnisses von Form und Inhalt jedes Gebietes.
Das vierte Kapitel dieser Arbeit ist der Auslegung der abschließenden Ansichten der Lösung aus Arnoids Betrachtung der Beziehung der Kunst zur Wissenschaft gewidmet. Den Schlüssel bildet Definieren des Begriffs der Schönheit, von der man schon von früher weiß, daß sie im Sinne Arnoids die Kunst bestimmt. Was ist also die Schönheit? »Die Schönheit muß als Symbol der seelischen Zust1!ndlichkeit und der sinnlichen (=sinnfälligen) Äußerung der Idealität betrachtet werden«, wodurch Arnold dem folgenden Schluß die Grundlage verschafft: »hier stellt der Künstler dar und drückt aus, was die Wissenschaft durch die begrift1iche Rede niemals darstellen und ausdrücken könnte«, und dah er ist die Beziehung der Kunst zur Wissenschaft nicht hierarchisch, sondern »Wissenschaft und Kunst geben zusammen erst das volle Bild des theoretischen Geistes wieder«.
In dem fünften Kapitel der hier ausgelegten Thesen Arnoids wird der Charakter und die Reichweite seiner Erkenntnisse beurteilt. Arnoids Fühlbarmachung des Problems zusammen mit seiner Lösung war nicht ein bloßer Versuch, die Ansichten in der Auseinandersetzung zwischen den »Alteren« und den »Jüngeren« an der Grenzscheide vom 19. und 20. Jahrhundert zu versöhnen, sondern auch eine erfolgreiche Abrechnung mit der Obertflächlichkeit des agressiven Positivismus. Obwohl Arnold in seinem Wesen ein Traditionalist geblieben ist (die Rektoratsrede hat den Untertitel »Ein Wort zur Rechtfertigung der Metaphysik«), ist sein Denken weder nur eine Sache des geschichtlichen Augenblicks noch einer historiographischen Rückschau, sondern es ist von den interessanten und in vielen Momenten relevanten Entwürfen für das 20. Jahrhundert durchdrungen. In Kroatien hatte er nicht nur Verehrer, sondern auch Anhänger (Pavao Vuk-Pavlović). In den europäischen Maßstäben deckt sich Arnolds bescheidene und simple Arbeit mit einigen wichtigen Ergebnissen des philosophischen Denkens des 20. Jahrhunderts; man kann ihn, aber muß es auch, in einigen nicht ganz nebensächlichen Sachen, obzwar nicht im systematischen Vergleichen, daher aber doch in einigen wichtigen Analogien, mit den Thesen grßer Namen wie Friedrich Nietzsche, Edmund Husserl und Martin Heidegger
in die Beziehung bringen.
Keywords
Hrčak ID:
81880
URI
Publication date:
7.12.1992.
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