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Das Zivilrecht und die rechtlichen Sonderregelungen für bestimmte Arten von Gütern
Nikola Gavella
; Pravni fakultet Sveučilišta u Zagrebu, Zagreb, Hrvatska
Sažetak
In den modernen Rechtsordnungen gibt es neben allgemeinen Regelungen des Zivil(privat)rechts auch eine beträchtliche Anzahl von Sonderregelungen für bestimmte Arten von Gütern, in der Regel Sachen und überwiegend Grundstücke. Aufgestellt wurden sie zum Schutz und zur Wahrung der Interessen der Allgemeinheit. Daher unterscheiden sie sich meist in wesentlichem Maße von den allgemeinen Regeln des Zivilrechts, die aufgrund individualistischer und liberalistischer Grundsätze für den Einzelnen, seine Freiheit und für die Marktwirtschaft geschaffen wurden. Auch in der modernen kroatischen Rechtsordnung gibt es neben den allgemeinen Regeln des grundsätzlich individualistisch und liberalistisch verfassten Zivilrechts für bestimmte Arten von Gütern rechtliche Sonderregelungen, die vorwiegend stark ausgeprägte kollektivistische und autoritäre Elemente enthalten. Der Grund dafür ist, dass sie zum Wohle des gesamten Staates und seiner Bürger die rechtlichen Beziehungen hinsichtlich jener Güter gesondert regeln, die zu von besonderem Interesse für die Republik Kroatien deklariert wurden. Aufgrund der Verfassung der Republik Kroatien genießen diese Güter besonderen Schutz, sodass durch Gesetze entsprechende Sonderregelungen etabliert wurden, die jeweils eine besondere rechtliche Behandlung für das betreffende Gut.
Die Regeln des Zivilrechts und die Sonderregelungen für bestimmte Arten von Gütern sind keine abgesonderten Segmente der Rechtsordnung, sondern ihre Bestandteile, die in einer spezifischen Einheit aus Gegensätzen koexistieren. Ihre Wirkungen treffen aufeinander, sind miteinander verflochten und ergänzen einander, weshalb das Zivilrecht allgemein und das Sachenrecht im Besonderen diesen spezifischen Regelungen besondere Aufmerksamkeit widmen müssen. Die rechtlichen Beziehungen in Bezug auf Güter, für die eine rechtliche Sonderregelung eingeführt wurde, sind in erster Linie aufgrund dieser besonderen rechtlichen Regelung normiert. Die Normen des Zivilrechts können eine subsidiäre Wirkung auf diese Beziehungen entfalten – falls und insoweit diese durch die Sonderregelung nicht anders bestimmt sind. Häufig ist das nicht der Fall, denn die Normen einer Sonderregelung gelten nicht umfassend für die Rechtsbeziehungen der betroffenen Güter. Sie haben ihren Platz in der Rechtsordnung, weil sie besondere soziale Zwecke erfüllen und den Zielen dienen sollen, für die die rechtliche Sonderregelung bestimmt ist, doch dies lediglich als Ausnahme von den allgemeinen Regeln des Zivilrechts oder als ihre Ergänzung. Wann immer die rechtlichen Beziehungen hinsichtlich unter eine Sonderregelung fallender Güter durch die Normen nicht ganzheitlich geregelt sind, führt die Wirkung dieser Normen unweigerlich an den Punkt, an dem die Wirkung des Zivilrechts anknüpfen muss. Dieser Anknüpfungspunkt ist ein besonders empfindlicher Teil des rechtlichen Gewebes. Klafft an dieser Stelle eine mehr oder weniger ausgeprägte Kluft zwischen den Normen der Sonderregelung und jenen des Zivilrechts, was manchmal vorkommt, so sind die Schwierigkeiten nur schwer zu überbrücken. Dazu müssen dann die Normen der Sonderregelung ausgelegt und angewandt werden, jedoch nicht als etwas aus der Rechtsordnung Abgesondertes und Autonomes, sondern unter Beachtung ihrer Einfügung in das Ganze der rechtlichen Regelung, damit an ihre Wirkung die allgemeinen Normen des Zivilrechts mit ihrer Wirkung anknüpfen können.
Die rechtlichen Sonderregelungen, die wir in den modernen Rechtsordnungen vorfinden, wurden meist für Teile der materiellen Welt eingeführt: für Sachen, und zwar insbesondere Grundstücke. Daher enthält das als Sachenrecht bezeichnete Element des Zivilrechts in diesen Rechtsordnungen neben seinen allgemeinen Normen auch besondere Normen für jene Art von Sachen, die Allgemeingüter oder Güter von allgemeinem und/oder öffentlichem Interesse sind (z.B. die rechtliche Sonderregelung für landwirtschaftliche Flächen, Wälder, Bodenschätze, Gewässer, öffentliche Straßen usw.). Vom Standpunkt des Zivilrechts aus betrachtet, bilden diese Sondernormen, zu größeren oder kleineren Systemen verbunden, besondere sachenrechtliche Regelungen.
In der modernen kroatischen Rechtsordnung haben sachenrechtliche Sonderregelungen für jene Art von Sachen, die von Interesse für die Republik Kroatien sind, eine sehr wichtige Rolle. Mit ihrer Wirkung schränken sie die den Raum für die Wirkung der sachenrechtlichen Normen ein. Da sich ihr Wirkungsbereich allmählich immer mehr ausweitet, verliert das kroatische Sachenrecht und somit auch das gesamte Zivilrecht immer mehr von seinem grundlegenden liberalistisch-individualistischen Charakter, was folglich auf die gesamte kroatische Rechtsordnung Einfluss nimmt. Ob eine solche Entwicklung vom soziologischen, wirtschaftlichen, politischen oder einem anderen metajuridischen Gesichtspunkt aus wünschenswert ist oder nicht, sollte von Experten der jeweiligen Fachgebiete anhand unbedingt erforderlicher einschlägiger Untersuchungen beantwortet werden. Aber ob eine solche Entwicklung der Rechtsordnung zwingend ist, inwieweit sie verfassungskonform ist und ob und in welchem Maße die bestehenden rechtlichen Sonderregelungen für Güter von besonderem Interesse für die Republik Kroatien geeignet und inhaltlich angemessen sind, zu diesen Fragen müssten Rechtswissenschaft und Fachwelt Stellung beziehen. Mit ihrer Hilfe könnten, wie zu hoffen ist, Korrekturen getroffen werden, die gegebenenfalls als erforderlich und nützlich festgestellt würden.
Bisher haben sich mit diesen rechtlichen Sonderregelungen vor allem die Verwaltungsrechtslehre und –publizistik befasst. Dabei ist dem zivilrechtlichen Aspekt dieser Sonderregelungen und dem Verhältnis zwischen den betreffenden Normen und den Normen des Zivilrechts nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet worden. Deshalb muss die Erforschung der Regelung der zivilrechtlichen Verhältnisse auch auf dieses vom zivilrechtlichen Standpunkt aus ungenügend erforschte Gebiet ausgedehnt werden. Es ist aber auch erforderlich, die sachenrechtlichen Sonderregelungen vom zivilrechtlichen Aspekt aus zu untersuchen, um ein vollständigeres Bild davon zu erhalten, welche rechtliche Regelung der Zugehörigkeit von Gütern zu Personen in der Rechtsordnung wirklich existiert. Der Nutzen hieraus wäre ein vielfacher, weshalb man sich nach Kräften dafür einsetzen und beharrlich darauf hinarbeiten sollte.
Ključne riječi
Zivilrecht; Eigentum; privat; öffentlich; Interesse der Allgemeinheit
Hrčak ID:
100046
URI
Datum izdavanja:
28.12.2012.
Posjeta: 3.229 *