Original scientific paper
DIE SCHULD VON DESCARTES
Rade Kalanj
; Faculty of Philosophy, Zagreb
Abstract
Im Text wird die Frage der angeblichen "Schuld von Descartes" für die technowissenschaftliche Reduktion des Naturbegriffs und den wirtschaftlich-besitzergreifenden Naturbezug erörtert. Die Hervorhebung dieser "Schuld" bildet einen Allgemeinplatz aller heutigen philosophischen und sozioökologischen Rekonstruktionen der Moderne. Für den ökologischen Denkansatz stellt Descartes (zusamen mit Bacon) jenen Denker dar, der mit seinem Dualismus, Mechanizismus und anthropologischen Rationalismus die Entstehung der Umweltkrise und damit zusammenhängenden Übel vorbestimmt hatte. Kurz gesagt, er hat die moderne Kultur von der Natur abgewendet. Eine solche Deutung von Descartes ist aber, milde gesagt, stereotyp und unge-rechtfertigt. Sie hebt dessen Gedanken aus dem Kontext des 17. Jhs. hervor und vernachlässigen seine Schlüsselstellung bei der Gestaltung der wissenschaftlichen (d.h. auch der ökologischen) Weltanschauung, indem Descartes Stellungnahmen zugeschrieben werden, die er nie vertreten hat. Dadurch wird auch den ökologischen Wissenschaften ein wichtiger methodologischer Ansatz vorenthalten. Der Text stellt jedoch keine Rechtfertigung von Descartes dar, sondern einen Versuch, dessen Bedeutung für die Geschichte und Entwicklung einer ökologischen Wissenschaft, sowie für die ökologische Kritik und Ideologie herauszuarbeiten.
Keywords
Baum der Erkenntnis; Dualismus; nützliche Wissenschaft; Mechanizismus; Metaphysik; rationalistischer Anthropozen- trismus; universale Wissenschaft
Hrčak ID:
141393
URI
Publication date:
15.9.1995.
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