Psychiatria Danubina, Vol. 20. No. 4., 2008.
Conference paper
THERAPEUTISCHE ANSÄTZE BEI PSYCHISCHEN STÖRUNGEN NACH TRAUMATISIERUNGEN
Hans-Peter Kapfhammer
; Klinik für Psychiatrie, Medizinische Universität Graz, Auenbruggerplatz 31, Graz, Austria
Abstract
Akute Belastungsstörung (ASD) und Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) sind häufige, aber nicht obligatorische
psychische Störungen nach schwerwiegenden Traumatisierungen.
Eine bedeutsame Gruppe von betroffen Patienten weisen einen
chronischen Krankheitsverlauf auf mit beachtenswerter psychiatrischer Komorbidität und massiver psychosozialer
Behinderung. Die typischen psychopathologischen Symptome von
ASD und PTSD werden heute vorteilhaft innerhalb eines
multifaktoriellen Modells betrachtet, das sowohl neurobiologische
als auch psychosoziale Einflussfaktoren berücksichtigt. Die komplexe Ätiopathogenese von akuter und posttraumatischer Belastungsstörung legt auch multimodale Behandlungskonzepte
nahe. Störungsorientierte Psychotherapien wie auch differenzielle
pharmakologische Strategien sind verfügbar. In einer kritischen
Sicht der vorliegenden empirischen Literatur kann dem Psychologischen Debriefing als universeller Präventionsstrategie
kein positiver, eventuell im Hinblick auf die Langzeitperspektive
sogar ein nachteiliger Effekt bescheinigt werden. Kognitivverhaltenstherapeutische Ansätze scheinen sich hingegen in der Frühintervention bei ASD-Patienten zu bewähren. Psychodynamische, vor allem aber kognitiv-behaviorale Ansätze und
EMDR zeigen eine positive Wirksamkeit bei der PTSD. Angesichts bedeutsamer klinischer Einschränkungen in den vorliegenden Studien dürfen diese Ergebnisse aber nicht als schon ausreichende Behandlungsempfehlungen für die Routineversorgung verstanden werden. In einer systematischen Analyse kann derzeit den SSRI der Status von Medikamenten der 1.Wahl zugesprochen werden. Gegenüber den Trizyklika besitzen sie ein deutlich breiteres therapeutisches Wirkspektrum. SSRI können die PTSD-Kernsymptome signifikant reduzieren und die häufig assoziierten Angst- und depressiven Störungen entscheidend bessern. Ihnen in der Wertigkeit nachgeordnet sind die SSNRI, DAS, SARI und NaSSA, und auf Grund vor allem des ungünstigeren Nebenwirkungsspektrums auch die MAO-Hemmer. Mood-Stabilisatoren und atypische Neuroleptika werden vorrangig in add-on Strategien eingesetzt. Benzodiazepine sollten nur sehr gezielt und jedenfalls nur kurzfristig eingesetzt werden. In einer Frühintervention sind Substanzen, die eine noradrenerge Überaktivität reduzieren, Erfolg versprechend. Dem prophylaktischen Einsatz von Stressdosen Hydrocortison kommt vorläufig ein experimenteller Charakter zu.
Keywords
Akute Belastungsstörung; Posttraumatische Belastungsstörung; Psychotherapie; Pharmakotherapie
Hrčak ID:
29279
URI
Publication date:
6.11.2008.
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