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Original scientific paper

DER WIDERHALL DES UMKOMMENS VON PETAR ZRINSKI UND FRAN KRSTO FRANKOPAN IN DEN POPULÄRLIEDERN (PUČKE PJESME) IHRER ZEIT

Divna Zečević


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page 41-52

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Abstract

Unmittelbar nach dem Fehlschlagen der Verschwörung der kroatischen Magnaten Petar Zrinski und Fran Krsto Frankopan, noch vor der Gerichtsverhandlung, sowie auch nach ihrer Hinrichtung im Jahre 1671 in Wiener Neustadt, verbreiteten sich mittels Abschriften in den kroatischen Gebieten Lieder, die in der spezifischen Art der sog. Zeitungslieder ihre versifizierte Schilderung des geschichtlichen Ereignisses als beispiellosen Sensationsbericht anzeigten.
In der kroatischen Literaturwissenschaft besteht für solche und ähnliche Lieder, die oft im Versmass — dem Zehnsilber — der traditionellen epischen Poesie gedichtet sind, der schwer zu übersetzende Terminus »pučke pjesme« oder »pučka književnost« (was ungefähr den Ausdrücken »Populärlieder oder »Populärliteratur« entspricht). Für dieses literarische Phänomen wurde auch der Terminus »halbvolkstümliche Literatur« vorgeschlagen was durch die Nichtentsprechung dieses Ausdruckes nur die Kompliziertheit des Problems bezeugt, vor dem sich die Literaturhistoriker befinden.
Einige von den Liedern über die Verschwörung Zrinskis und Frankopans entflossen aus den Kreisen jener kroatischen Magnaten die dem Kaiser von Österreich ergeben waren, und offenbaren dass sie zu Propagandazwecken dienten um die Verschwörer in den breiteren Kreisen anzuschwärzen; sie offenbaren ausserdem auch Spuren des Reagierens der Kirchenkreise von den Kanzeln, die proösterreichisch orientiert waren.
Das alles jedoch erklärt nicht die literarische Seite des Phänomens, nämlich die Tatsache dass das gerne gelesene und oft abgeschriebene Lieder waren. Mit der nichtliterarischen Funktion solcher literarischer Schöpfungen, d. h. mit der den Zielen der Propaganda dienenden Funktion, kann ihre ausnehmende kommunikative Macht nicht erklärt werden.
Das populäre (pučko), (»halb volkstümliche«) Lied erstrebt — wie jedwedes Lied — seine eigene Wahrheit, und die ist nicht und kann auch nicht eine »allgemeine« Wahrheit sein die am Grund der erzählten ungewöhnlichen und ausserordentlichen Begebnisse läge, wie es ja auch nirgends eine nackte geschichtliche Wahrheit geben kann. Die Schöpfer solcher Lieder, bekannte oder anonyme, sind nicht in der Lage die Dimensionen eines geschichtlichen Ereignisses wahrzunehmen, sondern — indem sie regelmässig betonen dass sie nur davon singen wollen was wahrhaftig, was die Wahrheit ist — vollziehen sie eine Auswahl von Einzelheiten die sie des Besungenwerdens für würdig und bezüglich des bestimmten Ereignisses für bedeutungsvoll halten. Diese Auswahl nun befindet sich vor dem Literaturforscher — literarisch organisiert — als Lied. Die besungene Begebenheit ist, demzufolge, literarisch in einer spezifischen Weise strukturiert.
In dem Kampf der kroatischen Feudalherren, in dem Fehlschlag der Verschwörung, entdeckte das Populärlied, in christlichem Sinne, den bestraften Hang zu dem Verbotenen. Die Verschwörer hatten nämlich mit Nichtchristen, mit den Türken verhandelt. Als Regulator des geschichtlichen Begebnisses, taucht in diesen Liedern das mittelalterliche Symbol des »Glücksrades« auf, nach welchem ein Adeliger, ein Banus, zu einem Bettler werden kann. Die geschichtliche Begebenheit wurde vom nicht-geschichtlichen, idealistischen Standpunkt besungen.
Die grösste Schuld an der »Süunde«, d. h. an dem Versuch der Verschwörung gegen den Kaiser, lud man auf Petar Zrinskis Gattin Katharina. In dem Gespräch zwischen Petar und Katharina — ist das archaische Modell der Verhandlung zugegen (Streitgespräch) zwischen Seele und Leib. In den Worten der Gattin ist der Leib symbolisiert, der im mittelalterlichen christlichen Glauben die Quelle aller Versuchungen und Leiden ist. Der Verschwörer, Petar Zrinski, beklagt sich über seine Gatin ganz so wie in den Streitgesprächen die verführte Seele über den Leib weinend klagt.
Ausser dem »Glücksrad« erscheint in den Populärliedern der Tod als letzte Instanz, wo sich die gesellschaftlichen Unterschiede nivellieren. Das Populärlied entdeckt die Möglichkeit der Gleichberechtigung, der Gleichstellung auch vor dem Tod.
In dem Moment als der Kaiser weder auf die Bittgesuche noch auf die adelige Abstammung der Verschwörer Rücksicht nimt — entdeckt das Populärlied seine spezifische Wahrheit auf welche es gerichtet ist.
Demzufolge sind die Sympathien der Lieder die nach dem Umkommen der krotischen Magnaten sich melden, nicht auf Seiten des kaiserlichen Hofes, wie die älteren Forscher dachten. Diese Lieder können das geschichtliche Ereignis nicht erklären, von ihm wird nur als von einer Sensation gesprochen. Unter der Schicht der christlichen »ewigen« Wahrheit von der Vergänglichkeit des irdischen Lebens und Reichtums, unter der Schicht der mittelalterlichen literarischen Symbole und Vorlagen — enthüllen uns diese Lieder das Gehör für die sozialen Ungleichheiten, sie reden »von unten«, von denen am Grunde, die in der untergeordneten Lage verbleiben.
In der Abhandlung werden im weiteren die Varianten der Lieder über die Verschwörung untersucht, die im 20. Jh. entstanden sind und durch den Druck verbreitet wurden — während sich etliche unter ihnen in mündlicher Weitergabe bis unsere Tage in der Erinnerung erhalten haben.
Die Untersuchung literarischer Schöpfungen die dem Phänomen der Populärliteratur (pučka književnost) angehören, stellt vor die Literaturforscher die Forderung zur Überprüfung des Begriffes und der Grenzen der Literatur. Diese Forderung wird heute noch potenziert durch das Wuchern des Massendruckes für die breitesten Leserschichten.

Keywords

Hrčak ID:

39836

URI

https://hrcak.srce.hr/39836

Publication date:

14.6.1973.

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