Original scientific paper
Aufbau des modernen kroatischen Gerichtswesens 1848 - 1918
Dalibor Čepulo
Abstract
Im Artikel wird der Wandlungsprozess des kroatischen Gerichtssystems vom feudalen zum rationalen modernen Gerichtswesen im Königreich Kroatien und Slawonien einschließlich des Integrationsprozesses des Gerichtswesens der Militärgrenze in das kroatische Gerichtswesen geschildert. Rekonstruiert wurden alle Entwicklungsphasen mit ihren wesentlichen politisch und historisch bedingten institutionellen Merkmalen. Der Entwicklungsprozess wird in seiner Bedingtheit durch Innen- und Außenfaktoren betrachtet. Von den Innenfaktoren waren die vorausgehende Tradition, der wahre Zustand der kroatischen Institutionen und des Bildungssystems als auch die politischen Interessen von Bedeutung. Von den Außenfaktoren spielten die Zentren Wien und Budapest eine ausschlaggebende Rolle. Über Wien werden fast alle institutionellen und doktrinären Einflüsse übermittelt, in den einzelnen Entwicklungsetappen spielt es sogar eine bedeutende politische Rolle. Der Einfluss Budapests jedoch wirkt sich politisch einschränkend aus. Die archaischen Modelle im kroatischen Gerichtswesen wurden aufgegeben, die neue Struktur entstand unter dem Einfluss der den kroatischen Verhältnissen angepassten österreichischen Modelle. Interessanterweise haben sich einige der dem österreichischen System entnommenen Modelle als äußerst erfolgreich erwiesen (Ortsgerichte), während andere trotz anfänglicher Begeisterung (Schöffengericht) nicht Wurzeln schlagen konnten. In der Entwicklung des kroatischen Gerichtswesens hatte der politische Faktor eine Schlüsselbedeutung, jedoch wies die Entwicklung, die in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte, nicht nur Aufsteigtendenzen auf. Damals wurden die institutionellen Voraussetzungen für die Entwicklung eines verhältnismäßig unabhängigen Gerichtswesens geschaffen, doch wurde dieser Prozess unter dem unmittelbaren politischen Einfluss Budapests 1885 gestoppt. Das kroatische Gerichtswesen begann sich erst nach 1906 den in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts gesetzten Unabhängigkeitskriterien wieder anzunähern. Mit Hinsicht auf die vorherrschenden politischen Faktoren konnte das kroatische Gerichtswesen weder in Bezug auf die Regulative noch reell jenes Niveau der Unabhängigkeit erreichen, wie dies in den unabhängigen europäischen Ländern mit alter Rechtstradition der Fall war. Aus diesem Grund konnte das Gerichtswesen in der Entwicklung der kroatischen Rechtskultur schwerlich die gleiche Rolle wie das Gerichtswesen in diesen Ländern spielen, erst recht nicht hinsichtlich seines Einflusses auf die Stabilisierung rechtlicher und polischer Beziehungen, der Verbesserung der Rechtssicherheit, des Glaubens in die Unabhängigkeit und Objektivität des Gerichtswesens und seines Einflusses auf das Rechtsbewusstsein.
Keywords
kroatisches Gerichtswesen; Königreich Kroatien und Slawonien; Autonomie; Modernisierung
Hrčak ID:
5113
URI
Publication date:
20.4.2006.
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