Original scientific paper
Über die Möglichkeit der Vertragserweiterung der Gerichtsüberprüfung von Schiedsgerichtsentscheidungen
Tibor Varady
Abstract
Ich möchte eine ganz einfache Argumentierung suggerieren (was jedoch nicht von großem Nutzen ist, da die Vereinbarung über die Erweiterung der Gerichtsüberprüfung bereits in die Tat umgesetzt worden ist). Ohne Rücksicht darauf, ob wir der Logik der ersten Entscheidung des US-Bezirksgerichts (District Court) in Kyocera zustimmen oder aber eher den Gedankengang der Entscheidung des Neunten Bezirks (9th Circuit) nachvollziehen können, wird dies (oder könnte es immerhin) Unsicherheit, Verwirrung und ernsthafte Probleme nach sich ziehen.
Die Stellungnahme des US-Bezirksgerichts ist in Einklang mit dem verbindlichen Charakter der Regelung über die Gerichtskontrolle und stimmt mit der Tatsache überein, dass die Normen über die Schiedsgerichtsbarkeit die Autonomie der Parteien in Hinsicht auf das Schiedsgerichtsverfahren in größerem Maße beachten als in Hinsicht auf die Gerichtskontrolle der Schiedsgerichtsbarkeit (außer wenn eine gewisse Autonomie in Hinsicht auf die Gerichtskontrolle nicht ausdrücklich und unter besonderen Voraussetzungen erlaubt ist, wie dies durch die Gesetzesakte der Schweiz, Tunesiens und Belgiens festgelegt wurde). Es hat sich gezeigt, dass die Stellungnahme des US-Bezirksgerichts der Realität im Bereich des vergleichenden Rechts näher ist, wie die französischen Entscheidungen es beweisen. Dieselbe Einstellung ist auch im UNCITRAL-Modellgesetz vertreten, das die Standards moderner Schiedsgerichtsakten setzt und das ausdrücklich deutlich macht, dass die Normen über die Gerichtsüberprüfung verbindlich sind. Nach Art. 34 Abs.1:“ kann der Gerichtsschutz gegen die Schiedsgerichtsentscheidung nur durch die Klage auf Nichtigkeit in Einklang mit Abs. 2 und 3 dieses Artikels geltend gemacht werden.“ Daraus folgt, dass dieses Rechtsmittel nur in Einklang mit den Gesetzesbestimmungen, d.h. in Einklang mit Art. 34 Abs. 2 eingelegt werden kann, in dem die Nichtigkeitsgründe angeführt sind, sowie in Einklang mit Abs. 3, in dem die Zeitfrist angegeben wird, innerhalb derer der Antrag auf Nichtigkeit gestellt werden kann. Ein Nachteil dieser Argumentierung des US-Bezirkgerichts ist in der Tatsache zu suchen, dass die Schiedsgerichtsvereinbarung infolgedessen anfechtbar ist. Das Ergebnis wird vom spezifischen Inhalt der Bestimmung über die Erweiterung der Gerichtskontrolle abhängen sowie von der subtilen und unvorhersehbaren Deutung der Standards (wie etwa „wesentliches Vertragselement“, „Vertragszweck“ oder die Frage, ob „die Vereinbarung ohne die angefochtene Bestimmung geschlossen wurde“).
Die vom Neunten Bezirk eingenommene Einstellung, die sich schwerer in statutarische Normen einfügen lässt, weicht jedoch der Frage nach der Trennbarkeit der Bestimmung über die erweiterte Gerichtskontrolle aus. Gleichzeitig begibt sie sich hinsichtlich des Umfangs und des Charakters der eventuellen Einmischung der Parteien in den Gerichtsprozess auf ein nicht fest umrissenes Terrain; es kann auch zu Spannungen zwischen strukturellen Merkmalen der Schiedsgerichtsbarkeit und der gerichtlichen Beschlussfassung kommen, wenn die Gerichte der Schiedsgerichtsbarkeit als Berufungsinstanz gegenübergestellt werden. Die Erweiterung der Gerichtskontrolle nach dem Muster von Kyocera könnte außerdem zur Änderung des Urteilsspruchs von Amts wegen führen, in welchem Fall es fraglich ist, ob es sich um ein Urteilsspruch handelt und ob die Vorteile der New Yorker Konvention weiterhin aufrechterhalten bleiben.
Kurz gesagt, das Grundproblem liegt in der Vertragsbestimmung selbst. Die Vereinbarungen der Parteien über die Erweiterung der Gerichtsüberprüfung von schiedsrichterlichen Entscheidungen sind nicht zu empfehlen. Pro Gerichtsbarkeit heißt Weglassung dieser Klausel.
Keywords
Schiedsgerichtpolitik; UNCITRAL; Anpassung der Schiedsgerichtsvorschriften und des Statuts; Vertragseinschränkung der Gerichtskontrolle; Vertragserweiterung der Gerichtsüberprüfung von Schiedsgerichtsentscheidungen
Hrčak ID:
5118
URI
Publication date:
20.4.2006.
Visits: 3.753 *