Review article
Die Position des Verfassungsgerichtes der Republik Kroatien vor dem Lichte der Gewaltenteilung und der Verfassungsgarantie seiner Unabhängigkeit
Duška Šarin
; Constitutional Court of the Republic of Croatia, Zagreb, Croatia
Abstract
Neben der gesetzgebenden, vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt hat die Verfassung auch das Verfassungsgericht der Republik Kroatien (in der Folge: das Verfassungsgericht) als eine Art „vierte Staatsgewalt“ oder „Zwischengewalt“ eingerichtet. Die reale Position des Verfassungsgerichtes spiegelt sich in den Zuständigkeiten wieder, die ihm kraft Verfassung gegeben sind, beziehungsweise in den unmittelbaren Rechtswirkungen der verfassungsgerichtlichen Entscheidungen auf dem Gebiet der Legislative, Exekutive und Judikative.
Die Verfassungsautonomie des Verfassungsgerichtes schlägt sich auch in den sogenannten Verfassungsgarantien der Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtes nieder, die Ausdruck und Folge seiner Position als „vierte Staatsgewalt“ oder „Zwischengewalt“ in der Republik Kroatien sind. Harutyunyan und Mavčič nennen folgende Garantien der Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit: 1. die Finanzierung (Haushalt) der Verfassungsgerichte als Grundlage ihrer Unabhängigkeit, 2. die Entrichtung von Gebühren in verfassungsgerichtlichen Verfahren als Finanzquelle der Verfassungsgerichtsbarkeit, 3. die Befugnisse der Verfassungsgerichte als Nachweis ihrer Unabhängigkeit, 4. Immunität, Inkompatibilität, materielle Unabhängigkeit und protokollarische Position der Verfassungsrichter, 5. Ernennung/Wahl der Verfassungsrichter, 6. öffentliche Kontrolle/Öffentlichkeit der Tätigkeit der Verfassungsgerichte, insbesondere a) öffentliche Verhandlung, b) Verkündung der Entscheidungen der Verfassungsgerichte in Amtsblättern und juristischen Zeitschriften, c) Verbreitung von Informationen über verfassungsgerichtliche Entscheidungen durch bestimmte elektronische Informationssysteme sowie 7. Verfassungsautonomie des internen Aufbaus der Verfassungsgerichte.
Anhand des Vergleichs der allgemeinen Garantien, die in der kroatischen Rechtsordnung gelten, mit jenen in den meisten europäischen Staaten wird der Schluss gezogen, dass es auf diesem Gebiet immer noch Probleme gibt, die bessere oder fortschrittlichere Regelungen erfordern. Drei Probleme verlangen unverzügliche Abhilfe.
Im Bereich der Finanzierung des Verfassungsgerichts als Grundlage seiner Unabhängigkeit sind Veränderungen in zweierlei Richtung erforderlich: Als Erstes muss dem Verfassungsgericht die Befugnis eingeräumt werden, seinen Jahreshaushalt eigenständig ohne Vermittlung der Regierung der Republik Kroatien dem Kroatischen Parlament zur Bewilligung zu unterbreiten (was nicht zwangsläufig seinen Ausschluss aus dem Gesamtstaatshaushalt bedeutet), und zweitens muss die administrative Praxis, in der die Verfassungsgarantie der proklamierten Selbstständigkeit bei der Verwendung der eigenen Haushaltsmittel nach Art. 2. Abs. 2 des Verfassungsgesetzes über das Verfassungsgericht der Republik Kroatien nicht oder nicht in vollem Umfang umgesetzt wird, geändert werden.
Außerdem scheint die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit im Zusammenhang mit der materiellen Unabhängigkeit der Verfassungsrichter in der kroatischen Rechtsordnung die ungeeignetste Regelung zu haben. Weder die Verfassung noch das Verfassungsgesetz befassen sich damit. Demnach ist es erforderlich, die materielle Lage der Verfassungsrichter im Verfassungsgesetz zu regeln, also getrennt von der der staatlichen Amtsträger in der Legislative, Exekutive und Administration.
Abschließend ist zu sagen, dass die Besetzung des kroatischen Verfassungsgerichts den europäischen Standards entspricht, während das derzeitige Auswahlverfahren für Verfassungsrichter im Bereich des Kandidierungsverfahrens kritisiert wird.
Keywords
Gewaltenteilungsprinzip; Verfassungsgericht; Gewährleistung der Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts und der Verfassungsrichter
Hrčak ID:
100043
URI
Publication date:
28.12.2012.
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