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Original scientific paper

Die Rezeption der Gerechtigkeitsdefinition von Ulpian in den kroatischen mittelalterlichen Quellen

Marko Petrak


Full text: croatian pdf 144 Kb

page 955-978

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Abstract

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Rezeption von Ulpians berühmter Gerechtigkeitsdefinition (Iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi – /Digesta 1.1.10 pr./) in den kroatischen mittelalterlichen Quellen einer Analyse zu unterziehen. Um alle wesentlichen Bedeutungsnuancen der genannten Definition im betreffenden Zeitraum vollständig offen zu legen, analysiert der Autor zu Beginn ihre ursprüngliche Bedeutung im klassischen römischen Recht unter besonderer Berücksichtigung ihrer ideellen Grundlage in der antiken philosophischen Überlieferung. Im zentralen Teil der Arbeit untersucht der Autor zunächst den hohen Stellenwert dieser Definition und ihrer Paraphrasen in den Proemien einiger mittelalterlicher dalmatinischer Statuten (z. B. von Dubrovnik, Brač, Hvar) wie auch istrischer (z. B. Novigrad, Poreč), indem er einen akribischen Vergleich der darin enthaltenen Gerechtigkeitskonzepte (iustitia) mit den von den Glossatoren (Irnerius, Bulgarus, Placentius, Azo) elaborierten anstellt. Demselben Ansatz folgend, werden auch die Zitate der Ulpianschen Gerechtigkeitsdefinition und ihrer Fragmente in Kontinentalkroatien erörtert, die seit Mitte des 13. Jh.s in den Arengen der Urkunden der ungarisch-kroatischen Könige (Andreas II., Bela IV., Matthias Corvinus) und etwas später auch in den Akten untergeordneter Obrigkeitsstufen anzutreffen sind (z.B. der slawonischen Banus). Aufgrund der erstellten Analyse kann der Autor schließen, dass sich die Gerechtigkeitsdefinition Ulpians in der rechtlichen Ideenwelt des Mittelalters von ihrer ursprünglichen Bedeutung weit entfernt hat. Geblieben ist lediglich die äußere Form (nuda verba), der ein völlig neuer Sinn verliehen wurde. Die Tugend der Gerechtigkeit ist nicht mehr wie in der antiken Philosophie und Rechtstradition Einsicht in die natürliche Ordnung der Dinge, aus der jeder Einzelne vernunftmäßig erkennen kann, wem welches Recht zusteht. Demgegenüber ist die Gerechtigkeit als Tugend im Mittelalter eine suprarationale, transzendente Kategorie, ihr Ursprung ist ein christlich verstandener Gott. Der den analysierten Quellen zugrunde liegenden ideellen Begrifflichkeit zufolge sind die gesetzgebenden Herrscher die lebendige Verkörperung dieser göttlichen Gerechtigkeit, da sie diese Tugend durch jedem seine Rechte zuweisende Gesetze (lex animata in terris) vermitteln, während der Einzelne nur gerecht sein kann, indem er sich solchen Herrschergesetzen völlig unterwirft. Im abschließenden Teil der Arbeit analysiert der Autor das Verständnis der Gerechtigkeitsdefinition Ulpians im Prolog zu Werboczys Tripartitum und kommt zu dem Schluss, dass die genannte Rechtsquelle Ulpians Definition nicht mehr ausschließlich im mittelalterlichen und transzendenten Kontext deutet, sondern dass die Tugend der Gerechtigkeit, sicherlich nicht zuletzt unter dem Einfluss der Konzepte der Renaissance, erneut vor allem als ethische Kategorie verstanden wird, die ihrer Natur gemäß jedem Einzelnen durch rationale Einsicht zugänglich ist.

Keywords

Ulpian; Gerechtigkeit; römisches Recht; Mittelalter; Kroatien

Hrčak ID:

18244

URI

https://hrcak.srce.hr/18244

Publication date:

18.12.2007.

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