Original scientific paper
SCHULTHEATER IN NORDKROATIEN
Josip Bratulić
Abstract
Dem Schultheater kam im humanistischen Schultyp ein besonderer
Stellenwert zu, nachdem man das antike Drama — insbesondere die Komödie — entdeckt hatte. Schon damals wurden Dramen im Rahmen des Unterrichts aufgeführt, aber auch als exemplarische Texte der lateinischen Literatur gelesen und kommentiert.
Das seit Anfang des 17. Jahrhunderts im ganzen westlichen (katholischen)
Europa vorherrschende, von den Jesuiten organisierte Schulwesen
pflegte ebenfalls das Schultheater, griff aber nicht auf Originaltexte
zurück, sondern wählte Themen aus der Bibel und der römischen
Geschichte — später auch aus der Nationalgeschichte und -mythologie aus. Auch in Nordkroatien — wo sie Schulen in Zagreb, Varaždin, Slavonska Požega usw. unterhielten — etablierten die Jesuiten
im Rahmen didaktischer und pädagogischer Bemühungen Schultheater,
vor allem in lateinischer, später in kroatischer Sprache. Die Dramen sind uns nur dem Titel nach bekannt, denn die Texte sind im allgemeinen nicht überliefert. Nach der Aufhebung des Ordens pflegten die Laien und Ordensbrüder, die die Schuleinrichtungen des Ordens übernahmen, weiterhin Theateraufführungen. In Zagreb fanden
im Rahmen des Religionsunterrichts Aufführungen statt, allerdings
in kroatischer Sprache. Obwohl die Dramentexte, die zu Aufführungszwecken
übersetzt wurden, von unbedeutendem literarischen Wert sind — hinzu kommt noch, daß die weiblichen Rollen und Charaktere
herausgekürzt wurden — ist die Rolle dieses Theaters bedeutend,
weil die Theatertätigkeit das Bürgertum an Aufführungen gewöhnte
und einen Theaterbedarf weckte, so daß die kroatische nationale
Wiedergeburt in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts die Voraussetzungen
für den Bau eines Nationaltheaters — auch dank der Theatertradition, welche im Rahmen von Schulaufführungen entstanden
war — schuf.
Keywords
Hrčak ID:
212787
URI
Publication date:
1.5.1987.
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