Review article
Über die Denationalisierung der Burgenländer Kroaten
Mirko Valentić
Abstract
Der Verfasser analysiert den Denationalisierungsprozess der Burgenländer Kroaten während der letzten hundert Jahre, wozu er die Resultate der Volkszahlungen von 1880 bis 1971 nutzte. Die statistische Praxis, ein Volkswesen in verschiedene Varianten sprachlicher und kultureller Zugehörigkeit aufzuspalten, hat er durch drei, ihren Problemen nach grössere Zeiträume betrachtet. Damit in Verbindung kommt er zu folgenden Schulssfolgerungen:
1. Im Jahre 1880 wurde von der Zentralstatistik in das Formular zur sprachlichen Zugehörigkeit der Einwohner der Terminus »Umgangssprache« eingetragen. Dem statistischen Manipulieren der Kategorie »Muttersprache« wurden 1880 starke Impulse gegeben, da das Volkszählungsgesetz die »Umgangssprache« als jene Sprache definierte, deren sich eine Person im öffentlichen Leben bedient. Das Gesetz, das auf diese Art und Weise die Kategorie der Sprache bestimmt hatte, verfolgte folgenden Zweck: der Staatssprache - dem Deutschen - eine vorherrschende Stellung zu sichern und schon dadurch den Assimilierungstendenzen Vorschub zu leisten.
2. Im Jahre 1934 kam man in Wien zu der Erkenntnis, dass der Terminus »Umgangssprache« und seine Erläuterung von 1880 nicht genügend stark auf den Denationalisierungsprozess der nationalen Minderheiten gewirkt hätten. Es wurde eine andere »klarere« Erläuterung angenommen, die den Zählungsführern und Österreichs Bürgern die Frage der sprachlichen Zugehörigkeit folgendermassen erklärte: die sprachliche Zugehörigkeit wird durch jene Sprache bestimmt, zu deren Kulturkreis man den befragten Einwohner zählen kann.
3. Im Jahre 1951 kam in der österreichischen Gesetzgebung zur Volkszählung eine eigenartige und neue, der europäischen statistischen Praxis vollständig unbekannte Kuriosität auf. Das Zählungsformular Nr. 1 erhielt nämlich einen neuen Titel - »Umgangssprache«. Das neue Formular stellte, insbesondere an die Burgenländer Kroaten, folgende sechs Fragen, aus denen erhellen sollte, in welcher Sprache sich diese nationale Minderheit im öffentlichen Leben verständigt. Dabei werden folgende Kombinationen angeführt: Deutsch, Kroatisch, Deutsch-Kroatisch, Kroatisch-Deutsch, Kroatisch-Ungarisch, Ungarisch-Kroatisch.
Den Methoden statistischer Denationalisierung, deren Ziel es war, die Zahl der Kroaten ständig zu vermindern und dadurch zur Stärkung der Erkenntnis von ihrem angeblich schnellen Aussterben beizutragen, wurde von den Assimilierungszentren nach 1955 auch ein beharrliches Ignorieren des Artikels 7 des Staatsvertags hinzugefügt. In Verbindung damit macht der Autor auf die Tätigkeit der antikroatischen Front aufmerksam, die hauptsächlich aus dem Schosse der Sozialistischen Partei gesprossen ist und keinerlei Tendenz zeigt, die nationale Minderheit und ihre Rechte auf zusätzlichen Schutz anzuerkennen. Antikroatische Propaganda sowie öffentliche Befürwortung der Denationalisierung wurde - folgert am Schluss der Autor — von der österreichischen Gesetzgebung nicht bestraft.
Keywords
Hrčak ID:
216802
URI
Publication date:
12.5.1977.
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