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Original scientific paper

Das Verbrechen des Völkermords in der Praxis der internationalen Ad-hoc-Strafgerichtshöfe

Sandra Fabijanić Gagro ; Faculty of law, University of Rijeka, Rijeka, Croatia
Marissabell Škorić ; Faculty of law, University of Rijeka, Rijeka, Croatia


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page 1387-1420

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Abstract

Die Ausmaße der Vernichtung während des Zweiten Weltkriegs und die völlig unbegreifliche Absicht, Menschen allein wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zu töten, veranlassten die internationale Gemeinschaft nach dem Krieg, die Konvention gegen den Völkermord zu verabschieden, in der ein solches Handeln zu einem besonderen Verbrechen erklärt wird. Der Völkermord ist ein Verbrechen gegen die gesamte Menschheit, die Tatwerdung der erschreckenden Idee, ganze Gruppen von Menschen auszugrenzen und zu vernichten, und seine Folgen sind nicht nur für die betroffene Gruppe, sondern auch für die gesamte Menschheit spürbar. Wegen der besonderen Vernichtungsabsicht hat dieses Verbrechen eine spezifische Schwere. In diesem Sinne gilt, dass eine wegen Völkermordes verurteilte Person gerade wegen der spezifischen Absicht größere Schuld trägt, obwohl sich die den Völkermord ausmachenden Handlungen an sich nicht von den Handlungen des Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder des Verbrechens gegen ein Gesetz oder das Kriegsrecht unterscheiden.
Seit der Verabschiedung der Konvention gegen den Völkermord ist mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen, eine Zeit, in der Wissenschaft und Technik einen erheblichen Fortschritt erzielen konnten. Doch dieser Fortschritt ging nicht selten auf Kosten des Menschen, und gerade das Ende des 20. Jahrhunderts war geprägt von erschreckenden Greueln und Tausenden Völkermordopfern. Bedauerlicherweise setzen sich die Massenmorde auch im neuen Jahrtausend fort. Trotz der Existenz rechtskräftiger Verurteilungen in Völkermordprozessen ergibt sich aus der Rechtsprechung eindeutig das Problem, dem Täter die besondere Absicht nachzuweisen und die erforderliche Anzahl der Opfer für die Feststellung dieser Straftat festzulegen. Ungeachtet der Schwierigkeiten beim Beweis des Völkermords muss das Gericht danach streben, ein begangenes Verbrechen beim richtigen Namen zu nennen.
Zum Schluss können wir fragen, ob es wünschenswert wäre, die Definition des Völkermords auch auf andere als die taxative angeführten Gruppen auszuweiten und auf diese Weise den Bedürfnissen der Zeit, in der wir leben, anzupassen (was in einzelnen nationalen Gesetzgebungen bereits erfolgt ist)? Die vorliegende Definition ergab sich nämlich als Antwort auf die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg. Die seitdem eingetretenen Geschehnisse weisen einerseits auf die zunehmende Proklamierung der Grundrechte und –freiheiten und andererseits auf die immer größere Zahl der Opfer unter jenen, die nicht der Mehrheit in einer Gesellschaft angehören. Als Argument für die Erweiterung der Definition der betroffenen Gruppen kann man ins Feld führen, dass im Fundament jedes Völkermords (was auch Raphael Lemkin im Sinn hatte) gerade die Idee der Vernichtung jener steht, die nur deshalb als Opfer ausgewählt wurden, weil sie Angehörige einer bestimmten Gruppe sind, beziehungsweise die Idee vom „größeren Recht auf Leben“ für die einen im Vergleich zu den anderen. Nehmen wir dies als Ausgangspunkt, dann sollte es unerheblich sein, auf welcher Grundlage diese Idee gründet, und zum schwersten und verabscheuenswürdistgen Verbrechen sollte gerade das Handeln jener erklärt werden, die danach trachten, eine Gemeinschaft wegen ihrer spezifischen Charakteristik zu vernichten, gleich ob das Motiv der Täter einen nationalen, ethnischen, rassischen, religiösen oder sogar einen politischen, sexuellen oder anderen Hintergrund hat.

Keywords

Völkermord; internationales Ad-hoc-Tribunal; genozidale Absicht; ethnische Säuberung

Hrčak ID:

30723

URI

https://hrcak.srce.hr/30723

Publication date:

15.12.2008.

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