Bogoslovska smotra, Vol. 64 No. 1-4, 1994.
Original scientific paper
Die Früchte des Unfructbaren Feigenbaumes (Lk 13,6-9)
Vitomir Belaj
; Faculty of Philosophy, University of Zagreb, Zagreb, Croatia
Abstract
Im vorliegenden Aufsatz wurde ein halbvergessener kroatischer Brauch, bei dem der Bauernwirt mit einer Axt seine unfruchtbaren Obstbäume bedrohte um sie zum Tragen zu zwingen, mit der Parabel vom Unfruchtbaren Feigenbaum bei Lk 13,6-9 verglichen. Es zeigte sich daß es sich hier um einen sehr alten Brauch handelt, der bei den pfanzenanbauenden Völkern Euroasiens gut bekannt ist (es fehlen aber bezeichnenderweise Belege aus dem Nahen Osten). Somit mußte die anfangs aufgestelte Hypothese, es handele sich hier um ein »gesunkenes Kulturgut«, übernommen aus der Heiligen Schrift, fallengelassen werden.
Da diese Parabel nur bei Lukas vorhanden ist, wurde hier auf die Möglichkeit hingewiesen, daß Lukas, als er den Griechen einen von den Gedanken Jesu anschaulich machen wollte, zu einem ihnen gut bekannten Brauch griff um den Gedanken in ihn einzuhüllen. Die früher gern angeführte Parallele dazu bei Mk 11,12—14 zeigte sich als in ihrer Struktur und Funktion völlig andersartig. Phraseologische Ähnlichkeiten konnten allerdings in der Predigt am Jordanfluß (Mt 3,7-10, Lk 3,7-9) gefunden werden.
Diese Parabel wurde in der Ostkirche am 24. Sonntag nach Pfingsten in den Kirchen seit attersher gelesen (im Westen dagegen erst nach dem II. Vaticanum), und sie konnte den schon vorhandenen Brauch nachträglich beeinflussen, ihn gewissermaßen standardisieren und bis heute sehr lebendig erhalten.
Keywords
Hrčak ID:
35087
URI
Publication date:
25.4.1995.
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