Original scientific paper
Der Besitzerwerb durch Gewaltabhängige im Römischen Recht
Mirela Šarac
; Faculty of law, University of Split, Split, Croatia
Irena Stanić
; Faculty of law, University of Sarajevo, Sarajevo, Bosnia and Herzegovina
Abstract
Der Besitzerwerb durch Dritte ist in der Romanistik immer noch eine kontroverse und offene Frage. Das Ziel dieses Beitrags ist es, die Problematik des Besitzerwerbs durch Gewaltabhängige, in erster Linie per servum aut filium, zu analysieren und zu erklären, auf welche Weise ein solcher Erwerb in einer Rechtsordnung zulässig war, die keine direkte Stellvertretung kannte. Die Meinungen der römischen Rechtsgelehrten sind gespalten und reichen von der Bejahung, der vollständigen Verneinung oder Infragestellung jeglicher Möglichkeit des Besitzerwerbs durch Gewaltabhängige bis hin zur Festlegung bestimmter Grenzen für einen solchen Erwerb. Den wichtigsten Grund, warum der Besitzerwerb durch Gewaltabhängige erlaubt sein sollte, sahen die römischen Rechtskundigen in der Tatsache, dass Besitz im Grunde die faktische Verfügungsgewalt über eine Sache bedeutet, allerdings behaftet mit einigen rechtlichen Elementen. Im ersten Teil des Beitrags werden die Voraussetzungen und Grundprinzipien, die das klassische Recht im Zusammenhang mit dem Besitzerwerb durch Gewaltabhängige entwickelt hat, analysiert sowie die Frage beantwortet, auf welcher Grundlage der Besitzerwerb durch Gewaltabhängige ihrem Gewalthaber zugeschrieben wurde. Im zweiten Teil des Beitrags werden Sonderfälle behandelt: homo liber bona fide serviens; die Besitzunfähigkeit des Gefangenen (captivus), ius postliminii und possessio; der Besitzerwerb durch den entlaufenen Sklaven (servus fugitivus), den gemeinsamen Sklaven (servus communis) und den Nießbrauchssklaven (servus usuarius); die Rückgabe einer gestohlenen Sache; der Besitzerwerb für die hereditas iacens; der Besitzerwerb für die municipia sowie den pupillus und den furiosus. Im Gegensatz zum klassischen Recht gelten im justinianischen Recht die aus Staatsgründen abwesende sowie die in feindliche Gefangenschaft geratene Person als possessor. Diese Personen konnten die Sache während ihrer Abwesenheit in Rom ersitzen.
Keywords
Römisches Recht; Besitz; Besitzerwerb; Gewaltabhängige
Hrčak ID:
48829
URI
Publication date:
22.2.2010.
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