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Original scientific paper

Kleine Staaten und Verfassungsgebung: die Ursachen der unterschiedlichen Resultate in Philadelphia und Brüssel

Robert Podolnjak ; Faculty of law, University of Zagreb, Zagreb, Croatia


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page 443-494

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Abstract

Das Thema dieser Arbeit ist die Analyse der möglichen Ursachen für die unterschiedlichen Ergebnisse zweier Verfassungskonvente, der amerikanischen föderalen Konvention 1787 in Philadelphia und des Konvents über die Zukunft Europas 2002-2003 in Brüssel, hinsichtlich des Konfliktes zwischen den großen und den kleinen Staaten, der nach Meinung des Autors der zentrale zwischenstaatliche Konflikt in beiden Konventen war. In Philadelphia war dieser Konflikt bei der Lösung der Frage nach der Vertretung und Stimmkraft der Bundesstaaten im Kongress sowie einigen anderen institutionellen Fragen relevant (Electoral college, Vetorecht gegen bundesstaatliche Gesetze, Ermächtigungen des Senats, Ermächtigung zur Bestimmung von Verfassungszusätzen), im Europäischen Konvent bezog sich die Auseinandersetzung auf ähnliche Fragen der Stimmkraft der Staaten und auf die Zusammensetzung oder Führung bestimmter Organe (Kommission, Europäischer Rat). In der Verfassung von Philadelphia konnten die kleinen Staaten einen Erfolg verbuchen, indem sie das Prinzip der Gleichberechtigung der Staaten insbesondere durch die Gleichberechtigung im Senat durchzusetzen vermochten. Es sind ihnen auch andere wichtige Siege gelungen. Dieser Erfolg im Prozess zwischen „Überzeugungsarbeit und Feilschen“ ist in erster Linie auf vier untereinander verbundene Faktoren zurückzuführen: die günstige Entscheidungsregelung in der Geschäftsordnung (Abstimmung durch Staaten), die Stimmkraft der kleinen Bundesstaaten in Verbindung mit ihrem Zusammenhalten und ihrer Standfestigkeit während des gesamten Konvents, ihre unbeirrbare Verhandlungsposition bezüglich des Gleichheitsgrundsatzes der Staaten und die Glaubwürdigkeit ihrer Drohungen, die Verfassung unter den Bedingungen, die die großen Staaten aufzuzwingen versuchten, nicht zu ratifizieren. Nach Analyse des Konflikts zwischen den großen und den kleinen Staaten im Europäischen Konvent ist der Autor der Ansicht, dass die Position der kleinen Staaten institutionell schwächer (die Vertreter der Staaten waren in der Zusammensetzung des aus mehreren institutionellen Bestandteilen gebildeten Konvents in der Minderheit; die meisten kleinen Staaten waren Beitrittsländer, die nicht berechtigt waren, den „Konsens“ im Konvent in Frage zu stellen) wie auch prozedural untergeordnet war (die Bestimmungen der Geschäftsordnung zur Arbeit des Konvents waren ihnen nicht geneigt, da sie vom durch die großen Staaten dominierten Präsidium des Konvents diktiert worden waren; eine Abstimmung, die ihre potenzielle Kraft hätte demonstrieren können, war verboten). Und schließlich brachten die kleinen Staaten in der Verfolgung ihrer Ziele nicht genügend Einigkeit und Eintracht auf, was von großer Bedeutung war; sie verteidigten ihre zu Beginn des Konvents proklamierten Prinzipien nicht unerbittlich und setzten letztendlich keine überzeugenden Drohungen ein, wie es die kleinen Staaten in Philadelphia getan hatten. Diese fundamentalen Ursachen erklären, warum die kleinen Staaten im Europäischen Konvent bei der Durchsetzung der institutionellen Lösungen, für die sie sich eingesetzt hatten, gescheitert sind.

Keywords

Verfassungsgebung; Philadelphia-Konvent; Konvent über die Zukunft Europas; große und kleine Staaten

Hrčak ID:

51984

URI

https://hrcak.srce.hr/51984

Publication date:

24.4.2010.

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