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Erkenntnistheorie Bošković's in seiner Zeit

Peter Henrici


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page 213-227

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Abstract

Boskovic folgt nicht nur der erkenntnistheoretischen „doctrina communis" seiner Zeit, sondern er geht auch eigenen Wege.
1. Er nimmt die Auffassung seiner Zeitgenossen an, daß wir nur Bewußtseinsihnalte wahrnehmen, übt jedoch eine Radikale Empirismuskritik: Bewußtseinsinhalte können niemals „Abbilder" materieller Substanzen sein und die Ausweitung unserer Sinneswahrnehmungen auf den mikrophysischen Bereich ist unstatthaft.
2. Instrument dieser Kritik ist die „reflexio", die Boskovic auch als „meditatio" oder „rectae rationis usus" kennzeichnet, und die eher der Kantischen Einsicht in die Grenzen der Sinneserkenntnisse nahesteht.
3. Was die von Boäkovic tatsächlich angewandte wissenschaftliche Methode betrifft, so arbeitet er durchgehend mit der hypothetisch deduktiven Methode, wobei für ihn das Gedankenexperiment und Überlegungen über die Eigenchaften einer guten Theorie wichtiger sind als die experimentelle Nachprüfung. Seine Theorie ist keine „arbitraria hypothesis", sondern sie stellt die Natur so dar, wie sie sich widerspruchsfrei denken läßt. Die Wahrheit solcher Hypothese läßt sich nicht durch Verifikation beweisen, sondern nur wahrscheinlicher machen. Wissenschaftlich annehmbar machen die Theorie letztlich die ihr immanenten Kriterien: ihre Einfachheit, ihre leichte Handlung, ihre vielfache Anwendbarkeit und ihre mathematische Elegan/.
Boäkovic entwickelt eine rein mentale Physik, die sich jedoch auf die mathematisch-geometrische Denkbarkeit abstützt.
4. Welchen Wirklichkeitswert hat diese rein theoretische Erkenntnis? Eienrseits macht uns eine „Stimme der Natur" den Zweifel an der substantiellen Wirklichkeit der materiellen Welt unmöglich; anderseits läßt sich nie ausschließen, daß auch ganz andere Welten möglich oder gar wirklich sind. Es läßt sich auch nie entscheiden, ob etwas zum Wesen der Materie gehört. So soll BosTcovic's Theorie mit jeden metaphysischen Hypothese kompatibel sein.
5. Den Modellfall für die realistische Erkenntnisauffassung Boskovic's bildet sein Verständnis von Raum und Zeit. Real sind der Ort und das Jetzt, welche die Substanzpunkte ontologisch bestimmen und beständig wechseln. Die Möglichkeit dieser Örter bildet den „imaginären Raum", in dem die Geometrie entworfen wird.
6. Gerade hier wird deutlich, wie nahe Boskovic an seinen Zeitgenossen Kant heranführt. Die Erkenntnistheorie beider Denker ist von Bemühen bedingt, dem menschlichen Erkennen seine Grenzen zuzuweisen — bis hin zur Hypothese einer möglicherweise ganz andersgearteten und für uns unvorstellbaren Erkenntnis.
Boskovic sucht diese Grenzen nicht im Menschen selbst wie Kant, sondern sie ergeben sich aus der Freiheit Gottes, die man nicht durch ein „principium rationis sufficientis" zunichte machen darf, und auf dem Hintergrund dieser theologischen Gewißheit kann und darf sich Boskovic getrost mit der Erkenntnis der einen uns zugänglichen Welt zufrieden geben.

Keywords

Hrčak ID:

53767

URI

https://hrcak.srce.hr/53767

Publication date:

20.8.1987.

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