Ostalo
Begegnung und Konflikt. Ethische Ergebnisse der Dialog-Philosophie (Buber, Grisebach).
Helmut Renockl
Sažetak
In den Fortgescltrittenen Industriezivilisationen zeigt sich Unzufriedenlreit und Widersrand angesichts der als eigenläufig empfundenen wirtschaftlich-technischen, vissenschaftlichen, administrativen und politischen Entwicklungen, aber auch angesichts der Fadesse bloßen Produzierens und Konsumierens in cler modernen Wohlfahrtswelt. Die neuzeitliche Anstrengung wollte die menschliche Ohnmacht gegenüber der übermachtigen Natur, konkret gegenüber Krankheit, Hunger und frühem Tod, die Einengungen durch freudale Obrigkeiten... überwinden. Durch wissenschaftliche Erforschung der verschiedenen Gesetzmäßigkeiten wollte man alles unter menschliche Flerrschaft bringen und so Mangel, Ohnmacht und Unterdrückung überwinden, die ersehnte Frciheit erringen.
Gerade die Effizienz der neuzeitlichen Anstrengung stellt un seine bisher übersehene Problematik vor Augen: Wir haben extensiv und intensiv weltbewegende Kräfte in Händen und können nicht hinter diese Etwicklung zurück. Das Sprengen der alten, engfestlegenden Zwangsordnung cler Natur und aller darauf aufbauenden kulturellen traditionen brachte aber nicht unmittelbar Freiheit, sondern versetzte uns Menschen zunächst einmal in eine tiefe Orientierungs- und Maßlosigheit. Es wuchsen Gefahren, Schäden und neue Zwänge, weil wir Menschen mit diesen so rasch gewonnenen Verfügungsmöglichkeiten persönlich und gesellschaftlich noch nicht entsprechend umzugehen vermögen. Nur von tief gegründeten Personen ist die erforderliche Orientierung und die humane Bändigung der eigenläufig gewordenen Prozesse zu erwarten.
Die Dialogik, hier ausgefuhrt an ihrem hervorragenden Vertreter Martin Buber, zeigt die entsclreidende Fundierung des Personalen im Ereignis der Begegnung. Das Verhaltnis zum Sein, zur Welt und zu den Mitmenschen setzt Buber als Doppelverhältnis von "Ich - Es" und "Ich - Du", als Ur-Distanzierung und In-Beziehung Treten an. Die Distanz ermöglicht "Sachlichkeit", Nützen der Funktionen, Technik uzw. In der Begegnung, in der freien gegenseitigen Zuwendung, Annahme und Anerkennung, wächst das Mysterium der Personalität. Buber ist der Überzeugung, das jede humane Kultur auf einem ursprunglichen Begegnungsereignis beruht (biblisch: Moses Sinai-Begegnung). Sobald eine Kultur die lebendige Beziehung dazu verliert, erstarrt sic zur bloßen "Es-Welt", es dominieren Ursuchlichkeit, Zweckhaftigkeit, Mechanismen. Das kann auch im religiosen Bereich passieren. Buber sieht darin aber kein schicksalhaftes Verhsngnis.
Eine Umkehr, cine llelebung durch Begegnung, ist moglich. Einziges Verhangnis ist 'der Glaube an das Verhangnis, denn dieser
halt die Bewegung zur Umkeht nieder'.
Der wenig bekannte Eberhard Grisebach macht auf das Konflikthafte menschlicher Begegnung autmerksam: Wie alle Lebenesen zielen auch die Menschen bei ihrem Denken und Handeln auf Herrschaft, Vergegenstandlichen, Verfugen, Unterverfen. Im anderen Menschen trifft der Mensch aber auf ein ant-wort-fahiges, widerspruchs-fahiges Wesen, das sich dem Unterwerfen und Besitzergreifen ausdrucklich widersetzen kann. Nur im Ernstnehmen der Konflikt-Dimension der Dialogizitat klaren sich und reifen menschliche Personen und menschliche Beziehungen' ensteht 'birkliche Moralitat.
Hier geschiet clie Wahrnehmung der Anderheit des Anderen,
eine wichtige Kontingenz- und Transzendenzerfahrung. Reale Konflikte werden im kirchlichen Raum oft vorschnell durch Appelle an
'Liebe" und unredliche Schein-Harmonie uberdeckt. Moralitat liegt
aber vielfach im 'Wie" des Bewaltigens bzw. Durchtragens von Konflikten, nicht in unredlicher Konflikt-Vermeidung. Die von der biblischen Tradition inspirierte Dialogik zeigt uns eine gerade 'am Ende der Neuzeit " wichtige Perspektive fur die Begrundung, Entfaltung und Entfullung des Humanen: Statt Verfugen und Vergegenstandlichen setzt sie auf Zuwendung, Begegnung und Dialog - als Bejahung und Widerspruch.
Ključne riječi
Hrčak ID:
37634
URI
Datum izdavanja:
24.9.1993.
Posjeta: 1.659 *