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Der Hauptaltar der Zagreber Kathedrale aus dem Jahr 1632.
Doris Baričević
Abstract
Im Jahre 1832 liess Bischof Alexander Alagović den alten
Hauptaltar der Zagreber Kathedrale abbrechen und seine Bilder
und Skulpturen an bedUrftige Kirchen der Diozese verteilen. Der
Hauptaltar war im Jahre 1632 vom Bischof Franziskus Erghelius
aufgestellt worden, nachdem 1624 im grossen Brand der
Kathedrale der alte gotische Altar verbrannt war. Uber das Aussehen
des neven Hochaltars des Bischofs Erghelius berichten
zwei Beschreibungen der Kathedrale, ein zeitgenossischer Bericht
des Bischofs Benedikt Vinković und das Visitationsprotokoll des
Bischofs Maximilian Vrhovac aus dem Jahr 1792. Diesen Beschreibungen
nach war der Al tar ei n grosser, dreifach abgestufter
Aufbau von fast 21 m Hohe. Den mit Nischen und Saulen gegliederten
tektonischen Mittelteil des Retabels flankierten hohe
bemalte AmtarflUgel vcn welchen zwei beweglich waren. In und
neben den Nischen des Aufbaus waren Skulpturen aufgestellt
und zwar i n d e r g r ossen Mi ttelnische die Mut tergottesmit
Kind und den heiligen ungarischen Konigen Stefan und Ladislaus,
darUber vier Musikengel und Gottvater in der Glorie. In
der hoher gelegenen Nische stand cine grosse Christusfigur mit
Dornenkrone und gebundenen Handen und der Aufschrift >Ecce
horno«, seitwarts die Figuren der Venkundigung, wahrend ein
Gekreuzigter mit Maria und Johannes den oberen Abschluss
bildete. Die AltarflUgel waren innen und aussen mit Szenen aus
der Kindheit und dem Leiden Jesu bemalt. Der ganze Altaraufbau
war mit Ornamenten reich geschmuckt und schon bemalt
und vergoldet.
Zwei Dokumente im Erzbischoflichen Archiv in Zagreb geben
Aufschluss dariiber, wohin und an wen sich Bischof F. Erghelius
wegen der AusfUhrung seines neven grossen Hochaltars
wandte. Aus den Dokumenten geht hervor, das den Altaraufbau
und seinen Skulpturenschmuck der Grazer Bildhauer Hans Ludwig
Ackermann ausfUhrte. Der vermutliche Maler und Vergolder
war ebenfalls ein Grazer KUnstler, der Maler Georg Gundter.
Hans Ludwig Ackermann war, wie Forschungen Dr. R. Kohlbach's
ergaben, aus Heidelberg gebUrtig und seit 1615 in Graz
ansassig. Zusammen mit dem Maler Georg Gundter und vier
anderen Grazer Malern und Bildhauern unterschrieb er d ie
Ordnung der von dem Hofmaler Pietro de Pomis neu gegrUndeten
Malerkonfraternitat. Er s cheint ein sehr angesehener
Kunstler gewesen zu sei der reichlich mi t grossen Auftragen viele Kirchen in Graz und der Steiermark versehen war. Von
seinen Werken haben sich Ieider nur Reste der alten Kircheneinrichtung
von Mariahilf i n Graz erhalten. Die vier schonen
Musikengel mit dem vollen Oval ihrer Gesichter, welche von
dichten kurzen Locken umrahmt werden die sich Uber der
Stirn zu sinem kleinen Dreieck aufturmen, haben cine auffallende
Ahnlichkeit mi t v ier Engeln welche sich jetzt auf dem
Gebalk zweier Nebenaltare aus der zweiten Halfte des 18. Jhs.
in der Pfarrkirche von Nart befinden. Zwei der Engel blasen
auf Zinken, die beiden anderen spielen auf (verlorenen) Saiteninstrumenten.
Diese Musikengel nebst zwei k leineren Frauenund
Engelkopfen, zwei Flugelkopfchen und zwei grossen Muscheln,
welche sich ebenfalls auf den Nebenaltaren derselben
Kirche befinden, weisen sich durch ihre stilistische Verwandtschaft
mit den Ackermann zugeschriebenen Werken im Kloster
von Mariahilf ais Skulpturen dieses Kunstlers aus und stammen
zweifellos vom ehemaligen Hauptaltar der Zagreber Kathedrale.
Ihre ausgepragten stilistischen Merkmale finden sich ebenfalls
an drei anderen Skulpturen wieder, einer Statue der Mut tergottes
mit Kind, einem Christus vom Typus Ecce horno und
einem Gekreuzigten Christus. Kopftypus, Gesichtszuge, Faltengebung
und schmUckende Details dieser Skulpturen, in Verbindung
mit der ausfuhrlichen Beschreibung des Figurenschmucks
des Hauptaltars von Bischof Benedikt Vinković, weisen diese
jetzt weit verstreuten Figuren ebenfalls als Bestandteile dieses
Altars und Werke H. L. Ackermanns aus.
Durch die Auffindung dieser Skulpturen gewinnen wir cine
weit bessere Vorstellung vom Aussehen und der kunstlerischen
Qualitat dieses zerstorten Hochaltars der Zagreber Kathedrale
aus dem Jahre 1632. Die erhaltenen Skulpturen und Teile des
plastischen Schmuckes zeugen nicht nur von der Grosse und
Schonheit dieses Hochaltars des Bischofs F. Erghelius, sie geben
auch Aufschluss uber die kUnstlerische Personlichkeit ihres Meisters
Hans Ludwig Ackermann. Al s gebUrtiger Heidelberger
scheint er dem Kreise der sUddeutschen Manieristen der ersten
Jahrzehnte des 17. Jhs. angehort zu haben. Indem er sich in
Graz niederliess verpflanzte er die Elemente dieses Stils in die
Steiermark und zwar mit viel Erfolg, wie die zahlreichen Auftrage
bestatigen. Dass er auch weit Uber di e Grenzen seiner
Heimat hinaus bekannt war bezeugt die Tatsache, dass der
Zagreber Bischof Farnciskus Erghelius bei ih m d e n n even
Hochaltar fur saine lćathedrale bestellte.
Keywords
Hrčak ID:
148156
URI
Publication date:
15.12.1968.
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