Review article
Soziokulturelle Merkmale und Lage der Zigeuner in Europa – Von der Vertreibung zur Integration
Koraljka POSAVEC
Abstract
Die Verfasserin der Studie ist bemüht, die wesentlichen soziokulturellen
Merkmale der Zigeuner in Europa aufzuzeigen.
Dabei wird klar, dass das durch ein ständiges Wanderleben
(um-)geformte Gesellschafts- und Kulturmodell der Zigeuner
nicht ganz mit den kulturellen Richtlinien der westlichen
Gesellschaften übereinstimmt. Die Thematisierung der Identitätsfrage bewegt sich daher auch weiterhin zwischen
den Bestimmungen der Roma als undefinierbarer Rasse,
schwer abgrenzbarer Stammesgemeinschaft oder
transnationaler Ethnie. Die Rezeptionsgeschichte der
Zigeuner ist einerseits geprägt von ständig wachsender
Feindseligkeit vonseiten der alteingesessenen Bevölkerung in
den Zuwanderungsgebieten, und zwar in Form zahlreicher
repressiver Maßnahmen, die durch das Sittlichkeitsrecht und
die Gesetzgebung auferlegt wurden. Andererseits resultierte
die Überlebenskunst und die Anpassungsfähigkeit der
Zigeuner in der Entstehung einer transnationalen
Volksgemeinschaft, der es gelang, eine außergewöhnlich
lebensechte Identität auszubilden und zu erhalten – trotz
extrem schweren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Lebensverhältnissen, trotz (selbst herbeigeführter) Isolation,
trotz der Aufspaltung in ein weit gefächertes Netz
eigentümlicher und in verschiedenen Umfeldern lebenden
Gesellschaftsgruppen, trotz der (nach den jeweils offiziellen
Maßstäben) fehlenden Allgemeinbildung, Qualifikation und
Wettbewerbsfähigkeit. Die Lage der Zigeuner im
globalisierten Europa setzt voraus, dass man der Dynamik
der Lebenskultur der Roma mit einem holistischen Ansatz
begegnet, dabei die traditionelle Flexibilität und den Hang
zum Wanderleben berücksichtigt und toleriert.
Keywords
Hrčak ID:
20266
URI
Publication date:
30.6.2000.
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