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Original scientific paper

Das Bewusstsein und seine Stellung innerhalb der „Naturhierarchie”. Betrachtungen über die Rolle des Bewusstseins in der modernen Philosophie und Ethik

Hans Werner Ingensiep ; Institute of Philosophy, Essen, Germany


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page 301-317

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Abstract

Dieser Beitrag präsentiert einige Betrachtungen über die Rolle des Bewusstseins als eines in der Natur privilegierten Zustands, der mit Implikationen für die Ethik behaftet ist. Besonders im modernen Diskurs über das Bewusstsein beim Menschen oder beim Tier nach Thomas Nagel (1974) oder Peter Singer (1975) stößt man auf Diskussionen über die Rolle des Bewusstseins als eines wichtigen irreduktiblen und „höheren” Phänomens, das in Bezug steht zur Autorität der ersten Person in der Epistemologie sowie zu speziellen Vorrechten in der Bioethik. Insbesondere tierisches Bewusstsein wird oft als ein „niedrigerer” Zustand in der „Naturhierarchie” bewertet. In der Bioethik wurde Bewusstsein mit Eigenschaften wie zukünftige Entscheidungsfähigkeit, Subjektivität, Empfindungsvermögen oder Schmerzfähigkeit in Verbindung gebracht. Mehr noch: Diese Elemente dienten als Kriterien, um den außerordentlichen „moralischen Status” bestimmter Lebewesen zu bestätigen, so etwa den Status der als „höhere Wesen” geltenden+ Menschenaffen (Cavalieri/Singer 1993) oder anderer „höherer”, mit einem Bewusstsein ausgestatteter Tiere im Sinne von „Lebenssubjekten” (Regan 1983, 2004), oder auch den Status von Schmerz empfindenden Tieren (Ryder 2001). Andererseits streiten einige analytische Philosophen die Existenz eines „höheren” Bewusstseins bei Tieren aus verschiedenen theoretischen
Gründen ab (Carruthers 2000, Davidson 2005). Dennoch vertreten sowohl die Befürworter als auch die Gegner der These von der Existenz tierischen „Bewusstseins” die Ansicht, dass Wesen, die über ein Bewusstsein verfügen, in der Ethik mit Vorrechten ausgestattet seien.
Vor diesem Hintergrund greifen moderne Ethiker und Philosophen, die sich mit der Frage des Bewusstseins bei Mensch und Tier beschäftigen, zurück auf das Konzept der „Naturhierarchie”, die in Termini „höher/niedriger” usw. zum Ausdruck kommt. Kurz gesagt, ist damit in hierarchischen Termini von den Beziehungen zwischen natürlichen Wesen wie Pflanzen, Tieren und Menschen die Rede (Perler, Wild 2005). Dies impliziert zunächst folgende theoretische Frage: Was für epistemologische oder ontologische Gründe berechtigen, mit den Termini einer „Naturhierarchie” zu sprechen? Die zweite, praktischere Frage lautet: Wenn es möglich ist, in dieser Weise zu sprechen, ist dann auch die Ethik dazu berechtigt? Diese und ähnliche Fragen werden im Beitrag aus der Perspektive der modernen wie auch der kantischen Epistemologie erörtert. Im ersten Teil wird an den großen Einfluss zweier traditioneller metaphysischer Denkmuster erinnert – der Seelenlehre des Aristoteles und der cartesianischen Sichtweise des Menschen als einer Maschine, die ihren Niederschlag in der Naturphilosophie allgemein fanden und sich auch auf die moderne neurozentrische Philosophie der Vernunft (Ingensiep 1997, 2005) auswirken. Der zweite Teil präsentiert bestimmte epistemologische und ontologische Probleme und
die dazu existierenden Reflexionen. Im dritten Teil wird an einem Beispiel gezeigt, wie eine hierarchische Ordnung in die Praxis umgesetzt wird (P. Singer). Das ausschlaggebende Ergebnis ist die Einsicht, dass es äußerst schwierig ist, Bewusstsein als den Gipfel einer „natürliche Hierarchie” der Organismen zu rechtfertigen.

Keywords

Epistemologie; Bioethik; Naturphilosophie; natürliche Hierarchie; erste/dritte-Person-Perspektive; Immanuel Kant; Peter Singer

Hrčak ID:

23578

URI

https://hrcak.srce.hr/23578

Publication date:

15.2.2008.

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