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Original scientific paper

Wessen Gehöft steht da auf dem Berg?

Radoslav Katičić ; Institut für Slawistik, Wien, Austria


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page 75-113

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Abstract

Hier wird der ursprüngliche Text der rituellen Beschreibung des himmlischen Gehöfts in slawischer Überlieferung auf Grund seiner in Liedern der slawischen Folklore bis auf unsere Zeit erhaltener Fragmente wiederhergestellt. Bei allen Unsicherheiten, die dabei verbleiben, ist es doch möglich, die grundlegende Textgestalt mitsamt ihrem weiteren Zusammenhang der Mythenerzählung im usprünglichen Wortlaut wohlbegründet herzustellen und diese als neuerschlossene Quelle für heidnische slawische religiöse Vorstellungen zu verwerten.
Das Gehöft stellte man sich als auf dem Gipfel eines Berges gelegen vor. Es war ein herrschaftlicher Bauernhof umringt mit einem Eisenzaun, dessen Tor aus Kupfer angefertigt und mit aus Eichenholz sorgfältig gezimmerten oder mit Edelmetallen beschlagenen Teilen besonders verziert war. Im Gehöft standen Paläste. Der Hauswirt wird mit dem Mond verglichen, ja mit ihm identifiziet, die Hauswirtin mit der Sonne, ihre Kinder mit den Sternen. Unter dem Berg quillt Wasser hervor. Es zeigt sich deutlich, dass dies der Sitz des Donnergottes (Perunъ) auf seiner Anhöhe (gora) ist, das himmlische Gehöft. Das Motiv vom Sitz des Donnergottes in einem Herrenhof auf einem Berg am Wasser ist auch in der baltischen Überlieferung gut zu belegen. Im Zusammenhang der mythischen Vorstellungen hat es den gleichen Stellenwert wie der trockene, goldene Wipfel des Weltenbaums, auf dem der Donnergott in Gestalt eines Raubvogels sitzt. Baltische, in der Folklore belegte Tradition zeigt, dass der Donnergott als vielfältig angesehen wurde, als Vater mit Söhnen und Töchtern, die alle an seiner Göttlichkeit vollen Anteil hatten. Diese Vorstellung von seiner Vielfältigkeit ist auch in einer altrussischen Quelle ausgedrückt und kann daher auch als slawisch angesehen werden.
Das rekonstruirbare Textfragment vom Gehöft auf dem Berg und seinem Hauswirt beruht fast ausschließlich auf ostslawischen Umzugsliedern, die jedoch auch in südslawischen Entsprechungen haben. Außerdem ist der Sitz des Donnergottes Perun und sein Kultus auf dem Berg am Wasser, zusammen mit dem dazugehörigen Eichenbaum, in altrussischen Quellen gut belegt und der indogermanische Ursprung der zugrundeliegenden Vorstellung durch etymologische Forschung eindeutig erschlossen. Der Perun-Kult auf Anhöhen ist toponomastisch aus dem südslawischen Raum zu belegen. Auch der archäologische Fund auf der Anhöhe über dem Volchov-Fluss, auf der das Perun-Heiligtum bei Novgorod stand, bestätigen die große Altertümlichkeit dieser Tradition. Es zeigt sich demnach, dass hier tatsächlich fragmentäre Spuren urslawischer ritueller Gesänge, in denen zentrale religiöse Vorstellungen ausgedrückt sind, vorliegen.

Keywords

farmstead/count; mountain; water; mythology; Perun

Hrčak ID:

33689

URI

https://hrcak.srce.hr/33689

Publication date:

30.12.2008.

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