Original scientific paper
Die Streichquartete Sofia Gubaidulinas als Versuch der Erschliessung des Sonoristischen Raumes
Swetlana Sarkisjan
; Komitas-Konservatorium, Yerevan, Armenia
Abstract
Die Konzeptualität des Klanges bei Gubaidulina ist jenem Konzeptualismus der Form verwandt, der im Sinne des Überschreitens der Grenzen von Musik und der Kommunikation mit der außermusikalischen Sphäre bereits zur Tradition geworden ist. Gemeint ist die Kommunikation mit dem Wort (der Literatur), der Geste (der bildlichen Darstellung), dem Ritual (der dramaturgischen Strukturierung, der farblichen Projizierung des Klanges) und dem Sakralen (Religion, Theosophie). Durch die Gleichsetzung der Konzeptualismen von Klang und Form überläßt die Komponistin dem prozessualen Faktor die führende Rolle: mithin der zeitlich-strukturellen Verdichtung und Ausdehnung, den physikalisch-akustischen Verlagerungen, der Variation und grundsätzlichen Änderung von Setzweise und Timbre.
Auf höchst differenzierte Weise werden in den Streichquartetten Sofia Gubaidulinas die verschiedenen Arten der Artikulation für die Zwecke der Konstruktion und Formbildung eingesetzt. Neben bekannten Lösungen aus der Schule der polnischen Avantgarde begegnen wir hier vielen neuen Verfahren der Klangerzeugung "unter Benutzung des Bogens" oder "durch unmittelbare Berührung der Saiten mit dem Finger" (Gubaidulina). Diese Verfahren bilden insgesamt drei Sphären des sonoristischen Raumes: die temperierte, die untemperierte und die akustische, durch Klangfarben (Ober- und Flageolett-Töne) bestimmte Sphäre. Sie sind sorgfaltig von der Komponistin abhängig von den Aufgaben des Werkes entwickelt und existieren sowohlselbständig als auch in gegenseitiger Wechselwirkung, Verschränkung und Konfrontation.
Keywords
Streichquartett; Sofia; Gubaidulina; sonoristischer Raum; Kommunikation; Symbol; Klangfarbe; das Sakrale
Hrčak ID:
43617
URI
Publication date:
1.9.2005.
Visits: 1.977 *